Veranstaltung: | 47. Landesdelegiertenkonferenz in Dresden |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Anträge |
Antragsteller*in: | Landesparteirat |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 15.02.2017, 16:17 |
I1: Integration in Sachsen – Herausforderungen meistern, Chancen nutzen, Teilhabe ermöglichen!
Antragstext
Nach der Asylstatistik des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wurden in
Sachsen in den Jahren 2015/2016 insgesamt 53.001 Asylanträge gestellt. Da die
Ursachen von Flucht weltweit nicht beseitigt sind, werden weitere Menschen zu
uns kommen. Viele wollen bleiben und dauerhaft Teil unserer Gesellschaft werden.
Integration bedeutet Angebote zu machen, für Chancengerechtigkeit zu sorgen und
die Voraussetzungen für eine selbstbestimmte Lebensgestaltung und für
Begegnungen auf Augenhöhe zu schaffen. Unabdingbar dafür sind gegenseitiger
Respekt und Akzeptanz. Die Chancen einer gelingenden Integration liegen darin,
dass sich die Menschen aufeinander zu bewegen.
Das Jahr 2015 hat gezeigt, dass die in Sachsen vorhandenen Konzepte zur
Zuwanderung und Integration weder in ihrer Ausrichtung noch in der Ausgestaltung
geeignet sind, um für eine spürbare Weichenstellung in Richtung einer
gelingenden Integration zu sorgen. Das im Bund beschlossene Integrationsgesetz
ist einseitig auf Pflichten fokussiert, Teilhaberechte bleiben außen vor.
2012 hatten Migrantenorganisationen das vorliegende Zuwanderungs- und
Integrationskonzept der sächsischen Staatsregierung vor allem deshalb scharf
kritisiert, weil die politische Teilhabe von Migrantinnen und Migranten darin
keine Rolle spielt. Wir aber wollen, dass diese zu einem Element der sächsischen
Integrationspolitik wird.
Auch Sachsen ist ein Einwanderungsland und deshalb braucht es dringend eine
Integrationspolitik, die Probleme aufgreift, gemeinsam mit relevanten Akteuren
und einer engagierten Zivilgesellschaft Lösungsansätze erarbeitet und umsetzt.
Wir wollen, dass Sachsen sich dieser Aufgabe stellt – ein Integrationsgesetz ist
dafür dringend erforderlich.
Die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen und
politischen Leben ist uns GRÜNEN ein elementarer Wert. So sollen auch
Migrantinnen und Migranten die gleichen Chancen und Möglichkeiten wie alle
anderen Menschen haben, die in Sachsen leben. Denn nur wer sein Lebensumfeld
aktiv mitgestalten kann, kann Identifikation entwickeln und sich so zu Hause
fühlen. Die Teilhabe an Prozessen wie Kommunalwahlen oder die Mitarbeit in
Beiräten darf nicht durch die Frage der Herkunft oder des Aufenthaltsrechts
bestimmt werden.
In der Zeit, in der die sächsische Staatsregierung nur ungenügend in der Lage
war, Geflüchtete angemessen unterzubringen, zu versorgen und zu betreuen, hat
sich in Sachsen eine Initiativlandschaft etabliert, deren Wissen und Netzwerke
bis heute strukturell unverzichtbar sind. Wir GRÜNEN wollen, dass dieses
freiwillige Engagement langfristig erhalten und gefördert wird. Insbesondere die
sächsischen Förderrichtlinien zu integrativen Maßnahmen und sozialer Betreuung
müssen entsprechend angepasst und ein Integrationsmonitoring etabliert werden.
Aktuell richtet sich auch in Sachsen der Fokus auf das Thema Integration. Es
darf jedoch nicht passieren, dass wir das Thema Flucht und Asyl aus den Augen
verlieren. Noch immer gibt es tausende von unbearbeitete Asylanträge in Sachsen,
die Wartezeiten nehmen sogar noch zu. Seit Mitte März 2016 betrifft das auch
alle syrischen AntragstellerInnen, deren Anträge nun nicht mehr im kürzeren
Fragebogenverfahren, sondern über Anhörungen bearbeitet werden. Sachsen muss
sich stärker als bisher für die Aufstockung der personellen Ressourcen der
Außenstellen des BAMF zur Absicherung von zügigen, fairen und qualifizierten
Asylverfahren einsetzen. Es ist eine wesentliche Voraussetzung für gelingende
Integration, dass Asylsuchende nicht in langer Ungewissheit verharren müssen.
Neben all den zu führenden Debatten über die innere Sicherheit darf der
humanitäre Ansatz der deutschen Asyl- und Flüchtlingspolitik nicht aufgegeben
werden. Im Jahr 2016 sind auf der Flucht so viele Menschen im Mittelmeer
ertrunken, wie nie zuvor. Die Zustände in den europäischen Flüchtlingslagern wie
z. B. in Griechenland und Serbien sind fürchterlich. Diese humanitäre
Katastrophe darf nicht ausgeblendet werden. Wir setzen uns für die Einrichtung
von Landesaufnahmeprogrammen ein, um legale Einreisewege zu schaffen.
Abschiebungen in Krisengebiete lehnen wir sächsischen GRÜNEN ab.
Aber auch die Rückkehrbedingungen von Menschen aus sogenannten sicheren
Herkunftsländern aus dem Westbalkan sind sehr schlecht. So lange Ausgrenzung und
Diskriminierung von Angehörigen von Roma-Gemeinschaften auf der Tagesordnung
stehen, muss das Engagement jedes einzelnen Bundeslandes in diesen Ländern
verstärkt werden. Vor Ort müssen Projekte gefördert werden, die die Roma-
Gemeinschaften strukturell stärken
Noch immer ist die Unterbringungssituation für Geflüchtete in manchen
Einrichtungen unbefriedigend. Auch menschenunwürdige Wohn- und Lebenssituationen
sind nicht völlig beseitigt. Für viele Traumatisierte fehlt es an adäquater
gesundheitlicher Versorgung. Nicht überall ist die Sicherheit von Frauen,
Kindern, Lesben und Schwulen in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Freistaates
sowie in den Gemeinschaftsunterkünften der Kommunen gewährleistet. Solche
Sicherheitsdefizite müssen sofort behoben werden. Auch die Verteilpraxis der
Zentralen Ausländerbehörde muss sich stärker als bisher an den strukturellen
Bedürfnissen von schutzbedürftigen Minderheiten unter den Geflüchteten
ausrichten.
Das Asylbewerberleistungsgesetz gewährt Asylsuchenden zu Beginn ihres
Aufenthalts in Deutschland nur eine medizinische Notversorgung (akute Erkrankung
und Schmerzzustände). Diese wird im Freistaat Sachsen über ein aufwändiges,
bürokratisches und diskriminierendes Verfahren sichergestellt: Asylsuchende
müssen, bevor sie medizinisch versorgt werden, beim Sozialamt einen
„Krankenschein“ beantragen. Die Entscheidung über die Bewilligung des
Krankenscheins trifft in aller Regel eine Person, die nicht über medizinische
Fachkenntnisse verfügt. Die GRÜNE Landtagsfraktion hat dazu einen Antrag in das
parlamentarische Verfahren eingebracht, in dem es – nach dem Vorbild der Stadt
Bremen – um die Einführung einer digitalen Krankenkassenkarte in Sachsen geht,
welche den Bezug von Leistungen mit einer eingeschränkten Grundversorgung
ermöglicht. Die Vorteile dieses Verfahrens liegen auf der Hand: Kostenklarheit
für Betroffene und Krankenkassen, vereinfachter Arztzugang und Entlastung der
Verwaltungen in den Sozialämtern.
Obwohl in der parlamentarischen Anhörung im sächsischen Landtag die Mehrheit der
Sachverständigen für die Einführung der Gesundheitskarte geworben und auch der
Bund die gesetzlichen Grundlagen für Länderregelungen geschaffen hat, weigert
sich die sächsische Staatsregierung nach wie vor, die Gesundheitskarte
einzuführen. Aus unserer Sicht eine unverständliche Haltung. Da sich der
Freistaat auch hinter dem fehlenden Willen der kreisfreien Städte und Landkreise
versteckt, müssen wir über unsere Stadt- und Kreisräte entsprechende Beschlüsse
initiieren und Druck aufbauen.
Im Jahr 2016 arbeiteten in Leipzig, Dresden und Chemnitz interkulturell
ausgerichtete Flüchtlingsambulanzen. Wir sehen in dieser besonderen Struktur ein
erfolgreiches, auch integrationsbeförderndes Konzept für die besonderen
Bedürfnisse Geflüchteter. Die Aufgabe der Flüchtlingsambulanz in Leipzig Anfang
des Jahres 2017 sehen wir kritisch.
Auch in Sachsen wird in der öffentlichen Debatte versucht, Geflüchtete
abzuschrecken, auszugrenzen und zu stigmatisieren. Das befördert ein
gesellschaftliches Klima, in dem Rechtspopulisten Oberwasser bekommen und
Angriffe auf Leib und Leben von Geflüchteten zur Tagesordnung gehören. Teile der
CDU spielen mit dem Feuer, wenn sie sich auf diese Debatten einlassen, sie sogar
befördern und vertreten.
Es ist selbstverständlich, dass die Werte des Grundgesetz als Grundpfeiler des
Zusammenlebens für alle hier lebenden Menschen gelten. Sie sind nicht
verhandelbar, gleich welcher Herkunft, Religion oder politischer Ausrichtung die
Menschen angehören. Wir verschließen nicht die Augen davor, dass diese Werte
nicht von allen gleichermaßen geteilt werden. Das betrifft die Ankommenden und
die Aufnahmegesellschaft. Nicht immer ist der Ruf nach Wahrung unserer Werte
ehrlich, sondern dient eher der Abgrenzung und Abwehr.
Denn wenn die Werte des Grundgesetzes von allen Deutschen verinnerlicht wären,
bräuchten wir kein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, kein
Gleichstellungsgesetz, keine Vorschriften zur Nichtdiskriminierung, keine
Frauenschutzhäuser. Wir wissen, dass es unmöglich ist, innerhalb von nur wenige
Wochen dauernden Integrationskursen das abstrakte Wertegefüge unserer
Gesellschaft zu verinnerlichen. Wer das verlangt und bei Nichterfüllung mit
Sanktionen droht, handelt unredlich und hat einen verklärten Blick auf die
deutsche Realität.
Integration ist ein Prozess, der am ersten Tag beginnen muss. Im gleichen Maße
wie wir Anstrengungen von den Geflüchteten verlangen, müssen auch wir uns –
Staat und Gesellschaft gleichermaßen – Anstrengungen abverlangen. Auf dem Weg
wird es viele Herausforderungen geben, doch die Chancen für unsere Gesellschaft
überwiegen. Mit Offenheit, Neugier und einer respekt- vollen und akzeptierenden
Grundhaltung werden wir die anstehenden Aufgaben aber bewältigen.
Natürlich sind die aus Flucht und Asyl resultierenden Aufgaben ein großen
Kraftakt für Sachsen – aber in diesem Kraftakt liegt auch die Chance,
Versäumnisse der letzten Jahrzehnte aufzuarbeiten. Denn deutlich mehr
Investitionen in Bildung, Wohnen, Arbeit und Gesundheit sind nicht erst seit
2015, sondern seit langem notwendig!
Von grundsätzlicher Bedeutung ist auch, in welchem Umfang es uns gelingen wird,
Menschen mit Migrationshintergrund für die neu zu schaffenden Stellen und
Aufgaben zu gewinnen. Für eine gelingende Integration brauchen wir die
MigrantInnen in den Kitas und Schulen, in den Jobcentern und Verwaltungen, in
den Krankenhäusern und Universitäten ebenso, wie in der Politik. Integration
setzt die interkulturelle Orientierung und Öffnung von Institutionen voraus! Es
ist an der Zeit, dass Sachsen sich öffnet!
In Sachsen gilt die Schul- und Berufsschulpflicht, unabhängig von ihrem
Aufenthaltsstatus. Mit dem System der Vorbereitungsklassen, dem Unterrichtsfach
Deutsch als Zweitsprache und der schrittweisen individuellen Integration in die
Regelklassen verfügt Sachsen eigentlich über ein gutes Konzept, um eine
gelingende Integration zu erreichen.
Allerdings leidet das System an einem erheblichen Mangel an Ressourcen
(LehrerInnen, SozialarbeiterInnen, PsychologInnen, MigrationsberaterInnen,
Räumlichkeiten, Ausstattung) und den daraus resultierenden Schwierigkeiten, auf
die sehr unterschiedlichen Bildungskarrieren der Geflüchteten zu reagieren.
Die derzeitige Orientierung am Lebensalter bei der Zuweisung in
Vorbereitungsklassen entspricht in vielen Fällen nicht den aus unterschiedlichen
Gründen vorhandenen Defiziten im altersgerechten Bildungsstand. Hier fordern wir
neue Konzepte – die Orientierung am Bildungsstand und nicht am Alter für die
Zusammensetzung von Vorbereitungsklassen wäre hierzu ein erster Schritt. Weiter
muss die begleitende individuelle Bildungsberatung für junge Geflüchtete und
deren Eltern gestärkt und ausgebaut werden.
Besondere Beachtung braucht die Altersgruppe der jugendlichen Geflüchteten, die
nicht mehr der Schulpflicht unterliegen. Auch sie brauchen schließlich schnelle
Zugänge zum Erwerb der deutschen Sprache und eine dem Bildungsstand
entsprechende Vorbereitung auf eine Berufsausbildung. Für einen großen Teil
dieser Gruppe ist der Hauptschulabschluss zu ermöglichen. Das kann nur gelingen,
wenn Arbeits- und Bildungsagentur, Wirtschafts- und Integrationsministerium
zusammenarbeiten.
Wir brauchen eine landesweite Bildungsoffensive, um für mehr
Bildungsgerechtigkeit zu sorgen. Kita, Schule und Hochschule schaffen nicht nur
einen neuen Alltag mit vielfältigen Kontakten, sondern sie sichern berufliche
Perspektiven und sind der erste Schritt in ein selbstbestimmtes Leben. Ob
geflüchtet oder nicht: Alle Kinder und Jugendlichen, die in unserem Land leben,
müssen von starken öffentlichen Bildungsinstitutionen profitieren können.
Sensibilisierung der Wirtschaft, insbesondere der kleinen und mittleren
Unternehmen für die Chancen, die sich aus einem erleichterten
Arbeitsmarktzugang für Geflüchtete ergeben – Förderung von Kooperationen
und Initiativen, die Berufsabschlüsse Geflüchtete in unterbesetzten
Ausbildungsberufen ermöglichen.
Es braucht geeigneten Wohnraum für alle Menschen, die in Sachsen leben. Obwohl
landesweit über 200 000 Wohnungen leer stehen, leben noch zu viele Geflüchtete
in Gemeinschaftsunterkünften. Gerade in den sächsischen Ballungszentren fehlt es
an bezahlbarem Wohnraum und das nicht nur für Geflüchtete. Deshalb ist der
soziale Wohnungsbau wesentlich für die gleichberechtigte Teilhabe
einkommensschwacher Gruppen am sozialen und kulturellem Leben. Integration kann
nur gelingen, wenn die MigrantInnen unter uns und nicht am Rande der Stadt oder
in separaten Vierteln wohnen.
Wir setzen weiterhin auf die dezentrale Wohnunterbringung als einen besonders
wichtigen Baustein bei der Integration der Geflüchteten. Dabei ist insbesondere
in den ländlichen Regionen darauf zu achten, dass Geflüchtete nicht
vordergründig in entlegene und schlecht an die soziale Infrastruktur
angeschlossene Orte zugewiesen werden.
Wir sächsischen GRÜNEN lehnen eine Wohnsitzauflage für Geflüchtete und damit die
Einschränkung deren Bewegungsfreiheit ab. Integration kann nicht gelingen, wenn
wir Menschen zwingen, an einem zugeteilten Ort zu leben. Stattdessen müssen die
Voraussetzungen für die Einbindung Geflüchteter in das gesellschaftliche
Miteinander sowie deren Zukunftsperspektiven vor allem auf dem Land verbessert
werden.
Es gibt allerdings auch Geflüchtete, die große Schwierigkeiten haben sich in
ihrer neuen Lebenssituation zurechtzufinden, die durch Sprachbarrieren,
Bildungsstand und kulturelle Unterschiede Mühe haben, die deutsche Verwaltung,
das Gesundheits- und Bildungssystem zu verstehen und eine längere
Orientierungsphase benötigen. Häufig sind solche Menschen mit den
Herausforderungen des Lebensalltages in einer eigenen Wohnung überfordert und
bevorzugen deshalb das Wohnen in einer Gemeinschaftseinrichtung. Wir wollen
deshalb solche Einrichtungen erhalten und qualifizieren, indem dort die soziale
und administrative Betreuung ausgebaut wird.
Gelingende Integration braucht gleichberechtigte und barrierefreie Zugänge zu
Regelangeboten öffentlicher Verwaltungen und Institutionen und das Erbringen von
Dienstleistungen in gleichwertiger Qualität für alle Nutzergruppen, die
öffentliche Verwaltung in Anspruch nehmen. Das setzt den Willen zur
interkulturellen Öffnung voraus.
Neben der interkulturellen Fortbildung von VerwaltungsmitarbeiterInnen sehen wir
vor allem im verstärkten Einsatz von muttersprachlichen Fachkräften sowie
Dolmetschern in den kommunalen Ämtern akuten Handlungsbedarf. Auch der Anteil
von MigrantInnen an den Beschäftigten und den Auszubildenden ist in Sachsens
öffentlichen Verwaltungen und Institutionen steigerungsfähig.
Wir wollen, dass in jeder kreisfreien Stadt und in jedem Landkreis ein
Integrationszentrum nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen implementiert wird.
Dort sollen die Neuankömmlinge Ansprechpartner und Aufklärung über die ihnen
zustehende finanzielle Unterstützung finden und auch den Ehrenamtlichen Hilfe
anbieten. Eine zentrale Anlaufstelle für alle Beteiligten vor Ort ist wichtig,
damit Geld, Kompetenzen, Know-how und Engagement gebündelt werden. Das Land soll
sich an den Kosten angemessen beteiligen.
Wir GRÜNEN wollen, dass Geflüchtete darin bestärkt werden, ihre Interessen
eigenständig zu vertreten, sich am politischen Willensbildungsprozess in Sachsen
zu beteiligen und ihre demokratischen Grundrechte in Anspruch zu nehmen. Auch
unsere Partei muss sich stärker als bisher für MigrantInnen öffnen.
Während MigrantInnen aus Nicht-EU-Staaten auf kommunaler Ebene dieselben
Pflichten haben wie StaatsbürgerInnen, bleibt ihnen das Kommunalwahlrecht als
wichtigstes politische Recht nach wie vor verwehrt. Wir wollen, dass sich die
Staatsregierung über eine Bundesratsinitiative für die Unterzeichnung des
bereits 1992 vom Europarat verabschiedeten Übereinkommens zur Beteiligung von
AusländerInnen am kommunalen öffentlichen Leben einsetzt.
Wir wollen, dass Migrations- / Ausländerbeauftragte und Migrations- /
Ausländerbeiräte verpflichtend für alle kreisfreien Städte und Landkreise sind
und ihre Arbeit angemessen finanziert wird. Die entsprechenden rechtlichen
Voraussetzungen dafür sind durch eine Änderung der Sächsischen Gemeindeordnung
zu schaffen.
Zwischen Spracherwerb, Schule, Ausbildung, Arbeit und politischer Teilhabe sehen
wir eine wichtige Etappe in der gesellschaftlichen Teilhabe von MigrantInnen.
Vereine und Verbände – insbesondere auch die Jugendverbände – bieten die
Möglichkeit, Gemeinschaft zu erleben, Verantwortung zu übernehmen und
Erfahrungen zu sammeln. Die Förderung der Jugendverbandsarbeit und die Förderung
von Vereinen ist entsprechend der wachsenden Integrationsaufgaben kontinuierlich
zu sichern und auszubauen. Hier sehen wir sowohl das Land als auch die Kommunen
in der Pflicht.
Geflüchtete sowie ihre Unterstützerinnen und Unterstützer werden vielfach mit
Rassismus, Diskriminierung, Hass und Gewalt konfrontiert. Für Menschen, die vor
Krieg und Gewalt zu uns geflohen sind, ist Sachsen nach wie vor ein unsicheres
Land. Dem Schutz von Flüchtlingseinrichtungen ist deshalb oberste Priorität
einzuräumen.
Zivilgesellschaftliche Initiativen, die eine unverzichtbare Arbeit zur
Demokratiestärkung leisten, sind ebenso wie mobile Beratungsteams,
Opferberatungsstellen und Antidiskriminierungsstellen zu stärken und langfristig
zu fördern. Die Wahrung ihrer Unabhängigkeit ist essentiell für die Akzeptanz
bei Geflüchteten und MigrantInnen. Den sich abzeichnenden Abbruch der Förderung
vieler ehrenamtlicher Strukturen, insbesondere in den ländlichen Regionen,
kritisieren wir und fordern die Staatsregierung auf, erfolgreiche Projekte zu
erhalten und bestehende Strukturen längerfristig zu fördern.
Bürgerschaftliches Engagement für Geflüchtete ist eine tragfähige Brücke zur
Integration. Durch dieses Engagement werden Begegnungen ermöglicht, die das
gegenseitige Verständnis fördern und Vielfalt als Bereicherung erlebbar machen.
Viele Menschen in Sachsen verfügen über einen Schatz an Integrationserfahrungen,
der noch zu wenig seinen Niederschlag in der Politik findet. Stärker als bisher
sollten daher die Kommunen und der Freistaat diese Erfahrungen aufgreifen und in
die politische Ausgestaltung des Integrationsprozesses im Freistaat übernehmen.
Unterstützer*innen
- Petra Zais (KV Chemnitz)