Veranstaltung: | 49. Landesversammlung in Leipzig |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 3 Sachsen in Europa |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 01.09.2018, 09:47 |
Antragshistorie: | Version 1 |
S1NEU: Sachsen in Europa – eine Modellregion für Innovation und europäische Integration
Antragstext
Vor 28 Jahren haben die Menschen in Sachsen ein neues, europäisches Kapitel
aufgeschlagen. Der Freistaat wurde im Zuge der deutschen Wiedervereinigung Teil
der Europäischen Gemeinschaften und späteren Europäischen Union. Seither
profitieren wir in besonderem Maße von der europäischen Solidarität. Mit
Strukturfonds und anderen Fördermitteln der Europäischen Union konnte viel in
Sachsen aufgebaut und entwickelt werden. In Mittel- und Osteuropa ist dieser
frühe Beitritt ein Privileg, das wir GRÜNE zu schätzen wissen.
Seit 2004 sind auch unsere direkten Nachbarländer Polen und Tschechien
Mitglieder der EU. Die Menschen in allen drei Ländern der Region haben seit dem
historischen Wegfall der Grenzkontrollen 2007 die Möglichkeit, ohne Schlagbäume
und mit der Sicherheit einheitlicher EU-Regeln grenzüberschreitend zu leben. Im
Nachbarland zu arbeiten, zu lernen oder einzukaufen ist für viele Menschen
Alltag geworden. Die Freiheit aller Unionsbürger*innen in einem Europa der
offenen Grenzen leben zu können, ist das Fundament für eine Zukunft in Frieden.
Gerade nach den für unsere Region und Nachbarländer so schmerzhaften Erfahrungen
des letzten Jahrhunderts, in durch Nationalismus und Rassismus entfachten
Kriegen mit Millionen Toten, brutalen Verbrechen und Vertreibungen möchten wir
eine Zukunft des europäischen Zusammenhalts gestalten.
Viele Menschen in Sachsen verbinden den europäischen Integrationsprozess heute
mit negativen Auswirkungen der Globalisierung, wie dem starken wirtschaftlichen
Wettbewerb in einer immer komplexeren und digital vernetzten Welt. Anstatt
Antworten auf die grenzüberschreitenden Herausforderungen unserer Zeit zu geben,
haben die Staatsregierungen in Sachsen unter Führung der sächsischen CDU
insbesondere mit falscher Sparpolitik viele Probleme verschärft. Bis heute
versucht die CDU, den Menschen mit einem selbstgefälligen Sachsenpatriotismus
eine heile Welt vorzugaukeln, mit dem man vor den globalen Herausforderungen
vermeintlich die Augen verschließen kann. Mit ihrem Rückzug ins Nationale treibt
die CDU in Sachsen viele Menschen in die Hände von Populist*innen, Rassist*innen
und Nationalist*innen, die "ihr heiles Sachsen" vor der vermeintlich bösen Welt
abschotten wollen.
Wir GRÜNE setzen auf einen offensiven pro-europäischen Weg. Wir lehnen nationale
Abschottung, in der Grenzkontrollen und sogenannte Auffangzentren als
vermeintliche Sicherheitsstrategie verkauft werden, ab. Wir stellen uns gegen
unsachliche Europakritik, bekennen uns zur Europäischen Union und wollen
Reformen anstoßen, um diese demokratischer, transparenter und sozial gerechter
zu machen. Anstatt Brüssel für bestehende Probleme verantwortlich zu machen,
setzten wir uns dafür ein, grenzüberschreitende Lösungen gemeinsam mit den
bestehenden europäischen Institutionen zu entwickeln.
Unsere Region soll im europäischen Integrationsprozess eine Schlüsselrolle
einnehmen. Mit weltoffenem, solidarischem und europäisch orientiertem
politischen Handeln vor Ort soll Sachsen eine europäische Modellregion werden.
Grenzübergreifende Zusammenarbeit für mehr Innovation, Umwelt- und Klimaschutz
Sachsen und seine direkten Nachbarregionen in Nordböhmen und Niederschlesien
sind noch immer stark geprägt vom Braunkohleabbau. Dieser zerstört die
Naturlandschaft und verschärft die Klimakatastrophe. Kein Staat allein kann den
Klimawandel aufhalten. Das darf aber auch nicht als Ausrede dafür herhalten,
dass wir in Polen, Sachsen und Tschechien unsere Politik nicht ändern.
Wir GRÜNE in Sachsen wollen klimafreundliche Perspektiven für die Region
entwickeln und Teil einer ambitionierten europäischen Klimaschutzpolitik sein,
die die Ziele des Pariser Klimaabkommens wirklich erreichen kann.
Dazu muss die Staatsregierung sofort mit dem Einstieg in den Kohleausstieg
beginnen und notwendige Strukturveränderungen vornehmen. Neben all den
Strukturwandelförderinstrumenten, die derzeit im Rahmen der "Kohlekommission"
diskutiert und in konkreten Programmen abgebildet werden, sollte sie die
Möglichkeiten des Clean Energy Package der EU nutzen. In Sachsen ist mit der
Strombörse in Leipzig bereits Infrastruktur vorhanden. Die Staatsregierung muss
die Chancen der Digitalisierung dazu nutzen, das Energiesystem so umzubauen,
dass viele kleine Stromerzeuger und innovative Unternehmen die Chancen eines
dezentralen und grenzüberschreitenden Energiemarktes nutzen können und den
aktiven Verbraucher*innen mehr Teilhabe ermöglicht wird. Wenn Sachsen endlich
seine längst nur noch politisch vorgeschobene Abhängigkeit von der
Kohleverstromung auflöst, entstehen neue Chancen für eine ökologische
Infrastruktur, für deren Unterstützung auch auf Mittel aus dem perspektivisch
vorgesehenen Investitionshaushalt in der Eurozone zurückgegriffen werden kann.
In Zusammenarbeit mit seinen Nachbarn kann der Freistaat dazu beitragen, dem
strukturschwachen Grenzraum mit Kohleabbaugebieten neue Perspektiven mit grüner
Energie und grünem Wirtschaften zu ermöglichen.
Wir wollen eine EU, die eine weltweite Vorreiterrolle im Klimaschutz einnimmt –
gerade in einer Zeit eines US-Präsidenten, der den Klimawandel leugnet. Deshalb
muss sich Sachsen dafür stark machen, dass die Bundesrepublik die ausgestreckte
Hand europäischer Partner zur Einführung einer wirksamen CO2-Bepreisung auf
europäischer Ebene endlich ergreift. Zusammen mit einer entschlossenen
Fortführung der Reformen im europäischen Emissionshandel ist dies das wichtigste
Instrument für rasche Fortschritte beim Umsteuern in der Energieversorgung und
bei der Treibhausgasreduktion in allen Sektoren. Zudem muss die EU zukünftig für
eine Vielzahl von Klimaschutz-Sofortmaßnahmen mehr Mittel zur Verfügung stellen
, um das im Pariser Abkommen festgelegte 2- bzw. 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Das
Ziel des Pariser Klimaabkommens. steht für uns unverrückbar, denn mit den
Naturgesetzen kann niemand verhandeln. Die bisherigen Selbstverpflichtungen der
EU passen noch nicht zu diesem Ziel. Wir treten dafür ein, dass sie konsequent
verschärft werden, um dann in nationale Reduktionsziele übersetzt zu werden, die
wiederum in verbindliche Zielvorgaben auch auf Ebene der Bundesländer münden
müssen.
Grenzübergreifende Investitionen Sachsens in Innovation und Forschung im Bereich
grüner Energie, zusammen mit einer ökologischen Sanierung der Abbaugebiete,
können unserer Region neue Perspektiven eröffnen. Wenn die EU Vorreiterin im
Klimaschutz sein will, muss auch bei unseren Nachbarn der Kohleausstieg
beginnen. Die gerade in Sachsen im Zuge der Sanierung des DDR-Altbergbaus
gewachsenen, zum Teil weltweit einzigartigen Erfahrungen mit der Bewältigung von
Bergbaufolgen des Braunkohletagebaus und mit Ansätzen zur Wiedernutzbarmachung
sollen in die grenzübergreifende Zusammenarbeit mit den Kohleregionen in Polen
und Tschechien eingebracht werden.
Für uns GRÜNE in Sachsen ist weiterhin auch der europa- und weltweite
Atomausstieg wichtig. So möchten wir im Euratom-Vertrag die Privilegien der
Atomkraft streichen. Uns liegt am Herzen, dass auch unser Nachbar Tschechien aus
der Atomkraft aussteigt. Denn ein Störfall in einem tschechischen Atomkraftwerk
hätte fatale Auswirkungen auf unsere gesamte Region.
Lebendige Städtepartnerschaften führen dazu, neue Lebensgewohnheiten
kennenzulernen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu identifizieren und
letztendlich Vorurteile abzubauen. Die Förderung internationaler Kontakte
zwischen den Bürger*innen, Schulen, Unternehmen sowie Vereinen der Partnerstädte
trägt damit auch zum Zusammenhalt Europas bei. Ob in Verwaltung, Wirtschaft,
Kunst, Kultur, Wissenschaft, Jugend und Bildung – in vielen Bereichen können
sächsische Kommunen von ihren Partnerstädten lernen und selbst wertvolle
Erfahrungen weitergeben. Nicht zuletzt profitieren sächsische Kommunen auch vom
Erfahrungsaustausch über die Umsetzung europäischen Rechts, z. B. bei der
Einhaltung der EU-Feinstaubgrenzwerte und dem mit der drängenden Frage
nachhaltiger Verkehrskonzepte verknüpften Recht auf saubere Luft. Um
Städtepartnerschaften auch in Zukunft lebendig weiterzuführen und dort mit neuem
Leben zu füllen, wo sie zuletzt ruhten, müssen die sächsischem Kommunen
angemessen personelle Kapazitäten und finanzielle Mittel zur Kontaktpflege
bereitstellen.
EU-Kohäsionsmittel – aus weniger künftig mehr machen
Für die kommende Förderperiode ab 2021 ist bereits absehbar, dass Sachsen
infolge des Brexit und der inzwischen verbesserten wirtschaftlichen Lage
Anspruch auf weniger Fördermittel als bisher haben wird. Sachsen hat in den
letzten Jahren große finanzielle Solidarität durch die EU-Mitgliedstaaten
erfahren und befindet sich mit dem frühen EU-Beitritt Ostdeutschlands in einer
privilegierten Sonderrolle. Daher verstehen wir, dass EU-Fördermittel künftig
verstärkt in Regionen fließen, die mit stärkeren Strukturproblemen zu kämpfen
haben. Wir GRÜNE in Sachsen schreien daher nicht einfach nach mehr Geld aus
Europa. Wir wollen die künftig zur Verfügung stehenden Gelder gezielter in
Projekte europäischen Mehrwertes einsetzen, damit unsere Region
grenzübergreifend profitiert.
Wir wollen erreichen, dass die EU-Fördermittel so einfach wie möglich unter
Einbeziehung der betroffenen Bürger*innen vor Ort eingesetzt werden. Dazu setzen
wir uns für die Stärkung von Beteiligungsmöglichkeiten in der
Fördermittelvergabe ein. Etwa durch die Ausweitung von Vor-Ort-Entscheider*innen
, wie es in der laufenden Förderperiode mit lokalen Arbeitsgruppen der Fall ist.
Wir fordern einen grenzübergreifenden Transformationsdialog zwischen Polen,
Sachsen und Tschechien im Bereich Mobilität. Dieser soll sich nicht nur um die
notwendigen Transformationen in der Autoproduktion drehen, sondern auch den
Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und Investitionen in den
transnationalen Güter- und Personenfernverkehr in den Fokus nehmen. Auch die
Förderung des grenzüberschreitenden Radverkehrs darf hierbei nicht vergessen
werden.
Wir lehnen einen Ausbau der Elbe für die Binnenschifffahrt und den geplanten Bau
einer weiteren Staustufe in Tschechien ab. Durch die Staustufe wären die
Lebensräume geschützter Tiere und Pflanzen bedroht. Der Elbe fehlt durch den
Klimawandel zunehmend das Wasser, eine Staustufe wäre daher eine teure
Fehlinvestition.
Solidarische Nachbarn in einem sozialen Europa
Die europäische Säule sozialer Rechte soll keine Ankündigung bleiben. Jetzt
müssen Taten folgen! - gegen den Widerstand der europäischen Konservativen, der
auch aus der sächsischen CDU kommt. Die Schwäche der sozialen Dimension in der
EU hat sich in den vergangenen Jahren auch in unserer Region offenbart. Ein
Problem stellt das Lohndumping im Binnenmarkt dar. Dabei haben Unternehmen die
Dienstleistungsfreiheit genutzt, die Arbeitnehmer*innen konnten aber nicht vom
örtlichen Tariflohn im Zielstaat profitieren. Mit der neuen EU-
Entsenderichtlinie wird hier ein wichtiger Zwischenschritt hin zu weniger Lohn-
und Sozialdumping vollzogen.
Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer*innen muss auch sozial abgesichert sein. Die
Stärkung des sozialen Europas ist eine Schlüsselaufgabe für den künftigen
Zusammenhalt der Europäischen Union. Wir wollen eine stärkere Koordinierung
sowie Mindeststandards im Bereich der sozialen Sicherung und des Arbeitsmarkts.
Ein europäischer Mindestlohn, eine europäische Arbeitslosenversicherung und eine
europäische Altersabsicherung müssen mit den wirtschaftlichen Freiheiten Schritt
halten.
Wir GRÜNE stehen zu einer demokratischeren und solidarischen Eurozone und laden
unsere Nachbarn Polen und Tschechien dazu ein, dem Euro beizutreten. Für uns
muss der Euro durch Solidität und Solidarität krisenfest werden. Dazu soll die
Bankenunion vollendet und der bisherige Europäische Rettungsmechanismus
demokratisiert und in einen Europäischen Währungsfonds, der durch das
Europäische Parlament kontrolliert wird, überführt werden.
Sachsens Beitrag zu mehr Bürgerbeteiligung in der Europäischen Union
Ein Europa mit aktiven Bürger*innen können wir nur erreichen, wenn Menschen über
die Grenzen hinweg immer wieder in Kontakt kommen. Daher wollen wir EU-
Fördermittel, wie INTERREG viel stärker dazu nutzen, die grenzübergreifende
Zusammenarbeit der Hochschulen, ausbildender Betriebe und auf dem aktiven
Arbeitsmarkt zu fördern.
Sprachbarrieren müssen aktiver abgebaut und insbesondere in den Euroregionen
mehr nachbarsprachlicher Unterricht vom Kindergarten an gefördert werden. Im
Bereich der Wissenschaft können ähnliche geschichtliche, gesellschaftliche und
wirtschaftliche Ausgangslagen und Herausforderungen gemeinsam erforscht und
Gesamtansätze für Problemlösungen erarbeitet werden. Auch die Idee einer
gemeinsamen Europäischen Hochschule in unserer Region ist für uns GRÜNE ein
Ziel.
Perspektivisch wollen wir GRÜNE mit verstärkter Integration erreichen, dass eine
europäische politische Öffentlichkeit entsteht, die zu mehr Transparenz und
Demokratie in Europa führt. Wir wollen mehr gemeinsamen Dialog über europäische
Themen. Wir GRÜNE sind bereit, mit einer transnationalen Liste bei kommenden
Europawahlen anzutreten. Leider gab es hierfür noch keine Mehrheit im jetzigen
Europaparlament. Wir, die sächsischen GRÜNEN, begrüßen die Entscheidung der
European Green Party, europaweit mit zwei grünen Spitzenkandidierenden
anzutreten.
Bei der kommenden Europawahl haben alle EU-Bürger*innen , die in Sachsen leben,
die Möglichkeit, hier an der Europawahl teilzunehmen. Wir wollen für sie unter
gleichen Bedingungen, wie für deutsche Staatsangehörige ein Landtagswahlrecht
einführen. Dazu soll sich Sachsen den Initiativen zur Öffnung des Grundgesetzes
anschließen. Perspektivisch sollte die Unionsbürgerschaft zu einer europäischen
Staatsbürgerschaft fortentwickelt werden, so dass Unionsbürger*innen in den
Mitgliedstaaten, in denen sie leben, grundsätzlich die vollen bürgerlichen
Rechte genießen.
Sachsen soll alle bereits bestehenden Möglichkeiten ausschöpfen, die EU
bürgernah mitzugestalten. Vertreter*innen , die Sachsens Staatsregierung bislang
als Mitglieder im Rahmen des deutschen Kontingents für den Europäischen
Ausschuss der Regionen hat bestimmen lassen, sollen künftig durch den Landtag
gewählt und damit auf regionaler Ebene stärker demokratisch legitimiert werden.
Die europapolitische Bildung in Sachsen muss deutlich gestärkt werden. Eine
bürgernahe EU, in der die Menschen Lust haben, sich einzumischen und
mitzubestimmen, kann nur gelingen, wenn die Bürger*innen ihre europäischen
Rechte und die Alltagsvorzüge eines geeinten Europas kennen. Wir wollen daher,
dass der Freistaat mit potenziellen Projektträgern ein Gesamtkonzept für die
europapolitische Bildung im Land entwickelt. Die Förderbedingungen für
europapolitische Bildungsprojekte freier Träger wollen wir verbessern und damit
eine flächendeckende Europa-Informationsarbeit ermöglichen.
Wir wollen das Subsidiaritätsprinzip parlamentarisch stärken. Mit dem Prinzip
wird sichergestellt, dass die EU nur gesetzgeberisch tätig wird, wenn die Ziele
einer Maßnahme besser auf EU-Ebene verwirklicht werden können. Das Europäische
Parlament sollte Anhörungen zu erfolgreichen Subsidiaritätsrügen der
Mitgliedstaaten durchführen und die Frage nicht mehr exekutiv durch die
Kommission beschieden werden. Bei Rügen gegen das Subsidiaritäsprinzip über den
Bundesrat halten wir GRÜNE uns an die rechtlichen Anforderungen des Instruments.
Eine politische Vereinnahmung des Subsidiaritätsmechnanismus, wie sie von CDU,
LINKE und SPD in Sachsen betrieben wird, lehnen wir ab.
Global und vor Ort Verantwortung tragen - fairen Handel und Daseinsvorsorge
stärken
Für uns GRÜNE in Sachsen ist klar, dass die EU mit dem neuen Mehrjährigen
Finanzrahmen die Weichen im Sinne der nachhaltigen Entwicklungsziele, den
Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen, zu stellen hat. Zu diesen
haben sich im September 2015 die Mitgliedstaaten verpflichtet. Mit ihnen sollen
weltweit die Würde der Menschen gestärkt, Armut und Hunger überwunden, der
Planet geschützt, die Globalisierung gerecht gestaltet, Frieden gefördert und
globale Partnerschaften aufgebaut werden. Wenn alle Staaten und die EU sich an
den nachhaltigen Entwicklungszielen orientieren, profitieren davon nicht nur
alle Menschen in Europa, sondern in der ganzen Welt.
Wir GRÜNE in Sachsen setzen daher auch auf einen gerechten Multilateralismus,
der dem Weltmarkt offen und transparent Regeln gibt. Wir brauchen eine faire
Handelspolitik. Die Welthandelsorganisation muss so reformiert werden, dass
ökologische, menschenrechtliche und entwicklungspolitische Aspekte eine wichtige
Rolle im Welthandel spielen. Die abgeschlossenen Freihandelsabkommen der EU mit
Ländern in Afrika und die bisherige EU-Agrarpolitik sind für Menchen vor Ort
Teil der Fluchtursachen. Sie entziehen Vielen die Lebensgrundlage. Bestandteil
der künftigen entwicklungspolitischen Zusammenarbeit muss daher die Evaluierung
und Neuverhandlung von Freihandelsabkommen sowie eine entsprechende
Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik sein.
Auch aus den Fehlern bei den Freihandelsabkommen mit Kanada und den USA muss die
EU lernen, indem sie Parlamente und Öffentlichkeit bei Verhandlungen zu
Handelsverträgen zukünftig besser einbindet. Privilegien für Großkonzerne müssen
dabei verhindert werden.
Im Bereich der Daseinsvorsorge muss die EU dafür sorgen, dass jedem Bürger und
jeder Bürgerin eine Grundsicherung zur menschenwürdigen Existenz gewährt wird,
die frei von Wettbewerbsdruck des Welthandels ist. Für uns ist klar, dass
beispielsweise sauberes Wasser niemals zu einer reinen Handelsware verkommen
darf, bei der Zugang und Qualität von Konzerninteressen abhängig sind. Wir
brauchen starke handlungsfähige Kommunen in Sachsen, die mit ihren Bürger*innen
selbstbestimmt über ihre kommunale Daseinsvorsorge entscheiden. Die EU hat dazu
bereits Richtlinien, die die Gesundheit der Bürger*innen schützen, wie etwa die
Wasserrahmen- oder die Feinstaubrichtlinie.
Fluchtursachen bekämpfen und Migration ermöglichen
Wir in Europa und in Sachsen tragen durch unseren Lebensstil zur Zerstörung der
Lebensgrundlage vieler Menschen bei. Der von uns mitverursachte Klimwandel wird
in Zukunft mehr Menschen zur Flucht zwingen. Wir GRÜNE wollen, dass Europa
endlich Verantwortung übernimmt und Fluchtursachen bekämpft - insbesondere jene,
die wir als Europäerinnen und Europäer mitverantworten.
Auch deshalb dürfen wir die Verantwortung nicht an nordafrikanische Staaten
abwälzen. Wir lehnen so genannte "Hotspots" in Nordafrika ab. Flüchtende sind
dort von Menschenhandel, Folter und Vergewaltigung bedroht. Sie sollen die
Chance erhalten, in Europa Asyl zu beantragen. Dazu bedarf es sicherer Wege in
die EU. Die Seenotrettung durch Nichtregierungsorganisationen darf nicht länger
verhindert, sondern soll durch die EU und ihre Mitgliedsstaaten unterstützt und
mit durchgeführt werden. Das Massensterben im Mittelmeer muss enden.
Solidarität ist gerade bei der Aufnahme und Verteilung von Geflüchteten nötiger
denn je. Viele Mitgliedstaaten der Europäischen Union weigern sich, Geflüchtete
aufzunehmen. Die Mittelmeerstaaten werden regelrecht allein gelassen. Wir
fordern ein europäisches System zur Aufnahme von Geflüchteten. Dabei sollen die
Größe und die wirtschaftlichen Gegebenheiten der Mitgliedstaaten berücksichtigt
werden.
Wir möchten die Kommunen in Sachsen dabei stärken, allen Einwohnerinnen und
Einwohnern, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus, gleichen Zugang zu Bildung,
medizinischer Versorgung, öffentlichen Einrichtugen und weiteren Bereichen
gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen. Der Freistaat Sachsen und die
sächsischen Kommunen sollen dazu auch auf Mittel aus dem Asyl- und
Migrationsfonds der EU, der auch in der kommenden Förderperiode fortgeführt
werden soll, zurückgreifen.
Europäisches Handeln statt europafeindliche Scheinlösungen
Der kulturelle Bruch der sächsischen CDU mit der Bundes-CDU ist eine Gefahr für
ein weltoffenes und europäisches Sachsen. Die sächsische CDU näherte sich in den
letzten Jahren sowohl europapolitischen, als auch grundrechtsmissachtenden
Positionen rechtspopulistischer und rechtsradikaler Parteien, wie Fidesz in
Ungarn, der PiS in Polen oder der ANO in Tschechien, an. Dies sehen wir mit
großer Sorge. Wer nur die wirtschaftliche Zusammenarbeit nutzen, ansonsten aber
von gegenseitiger Solidarität und Integration wenig wissen und vermeintlich
„homogene Gesellschaften“ erhalten will, handelt gegen unsere europäischen
Grundwerte.
Statt, wie die Staatsregierung, rechtspopulistische Kräfte in Sachsen zu
hofieren und europafeindliche Haltungen gesellschaftsfähig zu machen, müssen
Grundrechtsverstöße und Angriffe auf die Demokratien in Mittel- und Osteuropa
auf Regierungsebene im partnerschaftlichen Austausch offen kritisiert werden.
Die von der sächsischen Staatsregierung gern betonten freundschaftlichen
Kontakte zu rechtspopulistischen und nationalistischen Regierungen in
Ostmitteleuropa sind ein Schlag gegen pro-europäische Stimmen in den Visegrád-
Ländern, die ein Ende des europäischen Freiheitsgedankens und der europäischen
Solidarität fürchten.
Wir setzen dagegen auf die europäische Integration und freuen uns, wenn sich
Menschen unterschiedlicher Kulturen kennenlernen und ihr Zusammenleben gemeinsam
im Rahmen der Möglichkeiten, die die EU bietet, rechtsstaatlich organisieren.
Wir wollen die Grenzen in der Realität und in den Köpfen der Menschen
überwinden, ohne die kulturelle Vielfalt zu mindern. Eine offene europäische
Gesellschaft darf sich nicht von der Welt abschotten und muss solidarisch mit
Menschen außerhalb Europas sein, wenn diese aus vielfältigen Gründen aus ihrer
Heimat fliehen. Menschen aus allen Teilen der Welt, die gezwungen waren, ihre
Heimat zu verlassen und ein Recht haben, in Europa zu leben, heißen wir in
unserer Region in Mitteleuropa ausdrücklich willkommen!
Wir, die sächsischen GRÜNEN, leben gern in unserer Region. Wir möchten nicht
länger dabei zusehen, dass sich Sachsen mit seiner Staatsregierung und
selbstgefälligen Identitätspolitik von Europa und der Welt abschottet und
Populist*innen hofiert. Wir möchten mit unseren europäischen Nachbarn, den
demokratischen rechtsstaatlichen Kräften und der Zivilgesellschaft die Region zu
einer Modellregion für Innovation und europäische Integration umgestalten!
Dazu braucht es starke GRÜNE in einem starken Europa. Daher wollen wir auf allen
politischen Ebenen 2019 dafür kämpfen, dass die im Mai stattfindende Europawahl
ein Erfolg für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen und GRÜNE in ganz Europa wird.
Außerdem ist unser Ziel, dass es im neuen Europaparlament und künftigen
Sächsischen Landtag eine pro-europäische und sozial-ökologische Mehrheit geben
wird!
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