| Veranstaltung: | 48. Landesdelegiertenkonferenz in Neukieritzsch |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | TOP 3 Landwirtschaft |
| Antragsteller*in: | Ulrike Böhm |
| Status: | Zurückgezogen (unsichtbar) |
| Angelegt: | 02.03.2018, 19:38 |
Jeglicher Verzicht auf Luftballons durch den Landesverband Sachsen von Bündnis 90/Die Grünen
Antragstext
Angesichts der im Folgenden vorgestellten Aspekte wird beim Landesverband von
Bündnis 90/Die Grünen Sachsen beantragt, bei Aktionen, Wahlkämpfen, Infoständen
und anderem komplett auf Luftballons zu verzichten. Diese sollten in naher
Zukunft auch im e-shop der GRÜNEN nicht mehr angeboten werden. Restbestände sind
aufzubrauchen und/oder fachgerecht zu entsorgen.
Begründung
Luftballons stellen vermeidbaren Plastikmüll dar und sind gesundheitsschädlich.
Sie werden jährlich in Milliardenstückzahlen produziert und zu Werbe-, Spiel-, Party- und Aktionszwecken verwendet. Luftballons enthalten krebserregende Stoffe (Nitrosamine) und Allergene (Latexproteine, 2-Mercaptobenzothiazol). Aufgrund des Giftstoffgehaltes müssen alle in den Handel gebrachten Luftballons die Aufschrift „Zum Aufblasen eine Pumpe verwenden“ tragen. Die Pumpen bestehen ebenfalls aus Plastik, sind Billigprodukte, alles andere als langlebig und außer zum Aufpumpen von Luftballons zu nichts zu verwenden. Einer Untersuchung der Stiftung Warentest[1] zufolge (2009, 21 Luftballontypen untersucht) enthalten etwa die Hälfte aller Luftballons Nitrosamine oberhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwertes, mehr als die Hälfte der untersuchten Ballons zu viel Latexprotein.
Was geschieht, wenn die Luftballons aufgeblasen und mit einem Verschlussring und/oder einem Fädchen zum Halten versehen sind?
- Sie platzen sofort bzw. bereits beim Aufblasen: Dabei entsteht mit ca. 135 dB eine Lautstärke, die oberhalb der Schmerzgrenze (120 dB) des menschlichen, insbesondere auch des kindlichen Gehörs liegt. Es besteht die Gefahr eines so genannten Knalltraumas.
- Die Ballons verlieren ihren Gasinhalt und werden zu Plastikmüll. Im Idealfall werden sie der Mülltrennung zugeführt, regelmäßig bleiben sie jedoch einfach liegen oder fliegen umher und verschmutzen den öffentlichen Raum. Grelle Farben ziehen Insekten und Vögel an, für diese Lebewesen sind die Inhaltsstoffe des Gummis ebenfalls giftig.
- Die Ballons steigen (meist so gewünscht) in die Luft auf und fliegen weg. Luftballons können, je nach Füllgas, Wind und Wetter bis zu mehrere 100 km weit fliegen und praktisch überall landen: In Gewässern, Wäldern, auf Feldern, zuletzt natürlich im Meer. Luftballons tragen zur allgemeinen Vermüllung und Umweltverschmutzung bei. Darüber hinaus können sie auch zum sofortigen oder langsamen, qualvollen Tod einzelner Tiere (deren Anzahl unbekannt ist) führen, etwa infolge Verlegung der Atemwege, Darmverschluss, Verheddern in den Ballonfetzen oder den Bindfäden.
Der Abbau von Latexluftballons
Handelsübliche Luftballons bestehen aus Naturkautschuk (Kautschuk = „Träne des Baumes“, „fließendes Holz“). Kautschuk wird in Südostasien, Mittel- und Südamerika von entsprechenden Bäumen gewonnen und mittels Vulkanisation in elastischen Gummi umgewandelt. Bei der Vulkanisation werden dem natürlichen Latexsaft verschiedene Chemikalien beigemischt. Der Gummi wird ferner eingefärbt und die fertigen Ballons meist noch bedruckt.
Es existieren keine Studien über den Abbau/die Verrottung von Produkten aus chemisch behandeltem Naturkautschuk, insbesondere keine, die speziell Luftballons betreffen. Die Produktinformation „biologisch abbaubar“ ist insoweit irreführend, ebenso Statements wie „durch natürliche Prozesse werden die Ballons in immer kleinere Teile zersetzt und sind nach einem Jahr verrottet“. Tatsächlich ist unbekannt, wie lange es dauert, bis sich ein Luftballon „zersetzt“ hat. Zudem laufen jegliche Zersetzungsprozesse unter Wasser bedeutend langsamer ab. Außerdem erhöht sich hier der Anteil an so genanntem Mikroplastik.
Unabhängig von der Abbaudauer besteht jederzeit die Gefahr, dass Kinder, Haus- oder Wildtiere die Kleinteile verschlucken oder sich in den Schnüren der Ballons verheddern.
Man muss also davon ausgehen, dass die Schäden durch Luftballons, die Umwelt, Mensch und Tier betreffend, wissenschaftlich nicht untersucht sind. Angaben zur sachgerechten Entsorgung oder zur Abbaudauer fehlen bei den Verbraucherhinweisen völlig oder stellen Euphemismen bzw. durch nichts belegte Vermutungen dar.
Widerspruch zum GRÜNEN Selbstverständnis
GRÜN heißt (auch), Natur zu erhalten, sie zu schützen und bewahren. Besonders der Meeresschutz liegt der Partei am Herzen. Es ist bekannt, dass - sofern nichts unternommen wird - im Jahr 2025 auf drei Kilogramm Meeresfisch ein Kilogramm Plastikmüll kommt, im Jahr 2050 ist ein Verhältnis von 1:1 zu erwarten[2]. Plastikmüll soll nicht mehr im Meer landen. Wir GRÜNE setzen uns daher dafür ein, Abfall zu vermeiden, Recycling zu stärken und Pfandsysteme einzuführen.
In Bezug auf Luftballons kommen weder Recycling noch ein Pfandsystem in Betracht. Der Anteil von Luftballons am Plastikmüll kann nur gesenkt werden, wenn ihre Nutzung konsequent vermieden wird. Aus einer Milliarde in Deutschland verkaufter Luftballons entstehen 1.000 Tonnen Plastikmüll, wenn man von einem Gewicht von einem Gramm pro Ballon ausgeht.
[1] „Jetzt knallt´s“ ÖKO-TEST Jahrbuch Kleinkinder für 2010, S. 144 ff.