Antrag: | Die Stadt von morgen ist grün. Neue Wege für lebenswerte Metropolen |
---|---|
Antragsteller*in: | Julia Günther (Dresden KV) |
Status: | Behandelt |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 31.08.2018, 09:55 |
K02-289: Die Stadt von morgen ist grün. Neue Wege für lebenswerte Metropolen
Antragstext
Von Zeile 289 bis 290:
Eine gutesichere Radverkehrsinfrastruktur, die Entwicklung eines gutendurchgängigen Radverkehrsnetzes mit Hauptverbindungen und Nebenrouten, die flächenhafte
Sachsens Großstädte wachsen, teilweise schneller, als noch vor einigen Jahren
angenommen wurde. So hat sich beispielsweise Leipzig mit einem Zuwachs von
jährlich über 10.000 Menschen zur am schnellsten wachsenden deutschen Großstadt
entwickelt. Auch Dresden verzeichnete in den letzten Jahren einen Zuwachs von
jährlich über 5.000 Menschen. Die Geburtenraten sind hoch, der Zuzug stark.
Viele Prognosen über Schrumpfungsprozesse in den Großstädten, auf deren
Grundlage noch vor Jahren zentrale politische Entscheidungen getroffen wurden,
haben sich als falsch erwiesen.
Das Wachstum und der Zuzug in die urbanen Ballungsräume birgt vielfältige
Chancen. Zusammen mit den großen Städten wird ganz Sachsen vielfältiger,
lebendiger und klüger. Was unsere sächsische Großstädte auszeichnet, sind die
vergleichsweise niedrigen Mieten und die Freiräume, in denen sich Menschen
ausprobieren können, die Kreative anziehen und das Leben deutlich entspannter
und interessanter machen als in anderen deutschen Großstädten.
Im Moment steht diese Entwicklung auf dem Spiel. Das Wachstum stellt die
Großstädte vor große Herausforderungen: Wohnraum, Infrastruktur und soziale
Daseinsvorsorge müssen dem Zuwachs folgen, ohne die gesellschaftliche Spaltung
voranzutreiben. Gleichzeitig werden im Zuge des Wachstums die Fehlentwicklungen
in den Großstädten immer deutlicher. Der Ausverkauf der Städte, die zunehmende
soziale Spaltung in der Stadt, die zunehmende Immobilienspekulation und auch die
Sommerhitze in den dicht bebauten Quartieren zeigen uns: Wir werden Wege finden
müssen, diese Fehlentwicklungen zu überwinden. Bei diesen Herausforderungen
lässt der Freistaat die Großstädte weitgehend allein. Das wollen wir
ändern.Wachsende Städte brauchen eine breite Akzeptanz für ökologische
Mobilität, für eine Stadtentwicklung mit lebendigen und sozial gemischten
Quartieren und genügend Freiräumen, für innovative Bildungskonzepte, gute
Arbeitsplätze und größere Internationalität, für eine innovative Verwaltung und
moderne Konzepte der Daseinsvorsorge. Sie können damit auch wichtige Impulse für
ihr Umland geben und so durch eine gute Vernetzung dazu beitragen, Sachsen
insgesamt als Region attraktiver zu machen.
Wir wollen die Spaltung zwischen der wachsenden Stadt und dem sich leerenden
ländlichen Raum nicht verstärken, sondern sie überwinden – nicht nur, indem wir
den ländlichen Raum in seiner Anbindung stärken, sondern auch, in dem die
Verantwortung der Städte für das umliegende Land stärker wahrgenommen wird. Die
kulturellen, wirtschaftlichen und medizinischen Angebote der Stadt müssen noch
stärker als heute die ländliche Bevölkerung einbeziehen und zugleich müssen die
Potentiale von Klein- und Mittelstädte für Wohnraum und Arbeitsplätze gehoben
werden. Wir wollen Großstädte und ländlichen Raum als zusammengehörende
Metropolregionen zusammen denken und systematisch stärken.
Wir wissen nicht, ob sich das gegenwärtige Wachstum in den Städten angesichts
des möglichen demografischen Wandels verstetigen wird. Wir wollen als
Stadtgesellschaften vorbereitet sein und unsere Städte, unsere Schulen und Kitas
so bauen, dass sie, wenn nötig, schnell aufgestockt und auch schnell anderweitig
genutzt werden können. Die Flexibilität der Strukturen soll eine grundlegende
Leitplanke unserer Stadtplanung werden.
Wir wollen, dass die sächsischen Großstädte das Wachstum nicht nur bewältigen,
sondern als Chance für eine zukunftsfähige Entwicklung in allen Bereichen
nutzen. Dazu müssen wir uns nicht am Status Quo, sondern an den positiven
Beispielen anderer europäischer Metropolen orientiert. Städte wie Kopenhagen
oder Wien, Barcelona oder Groningen zeigen jeweils auf ihre Weise, dass die
Zukunft der lebenswerten Stadt in sozialer Vielfalt und Internationalität, in
ökologischer Mobilität und in gelebten Freiräumen und starken Kommunen liegt,
die für eine umfassende Daseinsvorsorge vom Wohnen bis zur Bildung sorgen.
Lebenswerte Metropolen sind machbar. Die Stadt von morgen ist grün.
Gutes Wohnen für alle
In den sächsischen Großstädten herrscht ein rapide zunehmender Wohnraummangel,
insbesondere im unteren und mittleren Preissegment. Die Schaffung bezahlbaren
und attraktiven Wohnraums isteine der zentralen Gerechtigkeitsfragen der
Gegenwart. Um die damit verbundenen stadtbau- und sozialpolitischen Aufgaben
anzugehen, ist es dringend an der Zeit, eine gemeinwohlorientierte Boden- und
Wohnungspolitik durchzusetzen.
Wir müssen den Ausverkauf unserer Städte an die Meistbietenden stoppen. Die
derzeitig massive Immobilienspekulation treibt einen Keil in die Gesellschaft.
Sie vertreibt vor allem die Schwächsten der Gesellschaft und hat die
Wohnungssuche zu einem survival of the fittest gemacht. Weil in der Folge
insbesondere Einkommensschwache aus bestimmten Vierteln verdrängt werden, ballen
sich soziale Problemlagen in bestimmten Vierteln. Diese Entwicklung müssen wir
stoppen. Wir wollen, dass Wohnungen wieder zuallererst zum Wohnen da sind und
dass Mieter*innen anständig und fair behandelt werden.
Um das Recht auf Wohnung zu gewährleisten und den sozialen Frieden zu erhalten,
brauchen wir ein Ende des Ausverkaufs von knappem Boden in den Städten. Wir
wollen stattdessen, dass Grundstücke der Kommunen und des Freistaates nur noch
nach Erbbaurecht vergeben werden, um Immobilienspekulationen deutlich
einzudämmen. Das beendet auch die unsägliche Praxis der öffentlichen Hand, an
den jeweils Meistbietenden zu verkaufen, um dann festzustellen, dass keine
bezahlbaren Wohnungen auf den verkauften Grundstücken entstehen. Wir setzen uns
dafür ein, die Steuervorteile beim Verkauf von Immobilien durch Unternehmen
abzuschaffen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern ein gezieltes Vorgehen gegen Fehlverhalten im
Wohnungsmarkt: Wir werden die staatlichen Möglichkeiten vollends ausschöpfen im
Kampf gegen den spekulativen Leerstand von Wohnungen, exorbitante Mietpreise und
gezielte Vertreibung von Altmieter*innen durch die Eigentümer. Dazu braucht es
in Sachsen ein Gesetz gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum beispielsweise
durch dessen Umwidmung in Ferienwohnungen.
Wir wollen die kommunale Durchsetzung von Milieuschutzsatzungen ermöglichen, in
dem wir als Freistaat die rechtlichen Voraussetzungen für ein Umwandlungsverbot
von Eigentumswohnungen und die Nutzung des Vorkaufsrechts schaffen.
Die energetische Sanierung darf nicht dafür missbraucht werden, Mieter*innen aus
ihren Wohnungen zu vertreiben. Wir setzen uns dafür ein, dass sie in Zukunft nur
noch zu einem sehr geringen Teil auf die Miete umgelegt werden kann und
gleichzeitig deutlich stärker steuerlich gefördert wird. Wir wollen zudem eine
energetische Sanierung, von der Mieter*innen rasch profitieren und die nicht zu
sozialer Verdrängung führt. Daher haben für uns Maßnahmen Priorität, die einen
hohen ökologischen Nutzen haben und zu keiner Erhöhung der Warmmiete führen.
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in Sachsen setzen sich für ein Förderprogramm
Heizkostenbremse ein, welches Energiesparmaßnahme fördert, die sich schnell
bezahlt machen.
Wir brauchen unbestreitbar deutlich mehr Sozialwohnungen in Sachsen. Allerdings
muss der soziale Wohnungsbau so erfolgen, dass er den Problemen am Wohnungsmarkt
wirksam begegnet. Ein Hauptproblem besteht darin, dass Sozialwohnungen viel zu
schnell aus der Mietpreisbindung herausfallen: Heute endet im sozialen
Wohnungsbau die Belegungsbindung schon nach zehn Jahren: Das ist viel zu kurz:
Deshalb wollen wir die Bindungsfristen für Belegungsrechte auf mindestens 25
Jahre verlängern und vorrangig nicht profitorientierte, kooperative Träger
fördern, die dauerhaft öffentliches Wohneigentum bereitstellen. Zudem müssen
entscheidende Fehlkonstruktionen bei der Inanspruchnahme des sozialen
Wohnungsbaus beseitigt werden. Dazu gehört, dass das Verbot für preiswerte
Mieten in der Förderrichtlinie des Landes gekippt wird und die Einkommensgrenzen
für die Inanspruchnahme von Wohnberechtigungsscheinen erhöht werden, um den
wohnungspolitischen Realitäten zu begegnen. Um den Bedarf von ca. 5.000
Wohnungen zu decken, wollen wir die Förderung auf 200 Mio. EUR/Jahr erhöhen.
Zur Finanzierung wohnungspolitischer Maßnahmen wollen wir die Grunderwerbssteuer
anheben. Derzeit weist Sachsen mit 3,5% den niedrigsten Satz bundesweit auf. Im
Vergleich zu anderen Bundesländern, die bis 6,5% erheben, verliert der Freistaat
jedes Jahr hunderte Millionen Euro. Ein höherer Steuersatz kann der
Immobilienspekulation entgegenwirken und erhebliche zusätzliche Einnahmen
generieren, die gezielt für die Unterstützung einkommensschwacher Familien oder
Baugruppen beim Wohnungsbau durch Zuschüsse und Darlehen genutzt werden kann.
Auf diese Weise können wir gezielt Menschen unterstützen, die für sich eine
langfristige Perspektive in Sachsen aufbauen wollen.
Mit einem revolvierenden Wohnfonds sollen Kommunen beim Sozialen Wohnungsbau,
beim Aufbau öffentlichen Wohneigentums und bei der Ausübung des Vorkaufsrechts
unterstützt werden. Zur Finanzierung wollen wir einen Teil der
milliardenschweren Rücklagen des Freistaates nutzen. Die Mittel der Fonds werden
damit nicht auf den globalen Finanzmärkten, sondern direkt in Sachsen zum Nutzen
der Menschen eingesetzt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen einen echten Mietspiegel: Echte Vergleichbarkeit
gibt es nur, wenn auch die Bestandsmieten in die Mietspiegel einbezogen werden
und damit den Mieter*innen ein realistischer Überblick gegeben wird, welche
Mieten tatsächlich fair sind.
Wir fordern, dass sich der Freistaat für steuerliche Förderung der
Wohnungsgemeinnützigkeit sowie eine Reform der Grundsteuer mit dem Ziel einer
Bodenwertbesteuerung einsetzt, um Spekulation einzudämmen.
Wohnungslosigkeit entgegenwirken
In den wachsenden Städten sind viele Menschen wohnungslos. Für uns ist eine
eigene Wohnung der Schlüssel zur sozialen Teilhabe. Deswegen wollen wir die
Wohnungslosenhilfe massiv ausbauen und eine Wohnungslosenstatistik einführen.
Mieter*innen, die von Räumung bedroht sind, brauchen aufsuchende Hilfe und
frühzeitige Beratung durch soziale Träger und Sozialämter. Im Mietrecht wollen
wir GRÜNE die entstandenen Lücken im Kündigungsschutz schließen.
Die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe brauchen mehr sozialpädagogische
Fachberatung, damit die Vermittlung von weiteren Hilfsangeboten wie zum Beispiel
der Suchthilfe und der psychiatrischen Beratung funktioniert. Auch das ambulante
Betreuungsangebot ist auszubauen. Dringend erforderlich sind außerdem spezielle
Angebote in der Wohnungslosenhilfe für Alleinerziehende. Der Katalog präventiver
Maßnahmen muss vor allem das Frühwarnsystem stärken. Neben den
Schuldnerberatungsstellen müssen auch die Schnittstellen zwischen den Jobcentern
und Fachstellen sowie den Gesundheits- und Sozialdiensten ausgebaut und
personell verstärkt werden. Wir wollen die Kommunen unterstützen, genügend
Wohnungskontingente bereitzustellen, um eine möglichst schnelle Integration von
wohnungslosen Menschen in abgeschlossenen dauerhaften Wohnraum mit
wohnbegleitenden Hilfen zu ermöglichen, ohne die Bedingung, vorher
„Wohnfähigkeit“ zu erlangen (Housing First).
Soziale Vielfalt macht uns stark – vielfältige Quartiere erhalten und schaffen
Wir wollen, dass unsere Stadtviertel sozial durchmischt bleiben und vielfältiger
werden. Gerade Städte in Ostdeutschland zeigen den besorgniserregenden Trend
auf, dass die verschiedenen sozioökonomischen Einkommensgruppen zunehmend unter
sich bleiben, dass die Vielfalt in den Vierteln abnimmt und ältere und ärmere
Menschen aus ihrer vertrauten Umgebung vertrieben werden. Wenn eine Gesellschaft
zusammenhalten soll, wenn Menschen sich gegenseitig verstehen sollen und in den
Dialog miteinander treten sollen, dann müssen sie sich auch begegnen können.
Deswegen fördern wir mit den Möglichkeiten von Landes- und Kommunalpolitik die
Diversität der Wohnformen im Quartier: Wir wollen, dass in einem Viertel große
und kleine Wohnungen, teurere und billigere Wohnungen nebeneinander bestehen
können, insbesondere auch, indem wir Sozialwohnungsprojekte ausgeglichen auf die
verschiedenen Viertel der Stadt verteilen und den Milieuschutz in Sachsens
Städten konsequent durchsetzen.
Neben der Erweiterung bestehender Quartiere werden ganze Viertel neu entstehen.
Wir wollen diese neuen Stadtquartiere gemeinsam mit den Einwohner*innen bauen
mit transparenten Planungs- und Abwägungsverfahren und unter breiter Beteiligung
der Öffentlichkeit. Für die Akzeptanz braucht es Vorteile für alle, auch den
bisherigen Anwohner*innen: Kitas, Schulen, Kultureinrichtungen,
Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und Cafés, Arztpraxen, Senioren- und
Nachbarschaftstreffs, Spiel- und Sportplätze, Grünflächen und öffentliche
Verkehrsmittel sollen von Anfang an mit eingeplant werden. Entscheidend für den
Erfolg sind die konsequente soziale Mischung und die Vernetzung mit dem
städtischen Umfeld. Neue Quartiere sollen nicht Profitinteressen dienen, sondern
an vorrangig durch gemeinnützige Träger, Genossenschaften, Baugruppen, das
Studierendenwerk oder kommunale Wohnungsbaugesellschaften entwickelt werden.
Wagenplätze betrachten wir als eine gleichberechtigte Wohnform, für die genügend
Raum auch in innenstadtnahen Bereichen bereitgestellt werden muss.
Unsere Städte werden attraktiv durch ihre Freiräume: Für uns ist es essentiell,
dass wir diese auch für die Generationen nach uns erhalten. Das bedeutet, dass
wir als Städte Flächen definieren, die wir nicht verkaufen, sondern die als
Innovationsorte erhalten bleiben, mit permanenten Zwischennutzungen für neue
kulturelle und unternehmerische und soziale Projekte, damit wir als Städte auch
in Zukunft die Früchte unserer Experimentierflächen und damit unserer
Innovationsfähigkeit schaffen können. Wir wollen durch konzeptgebundene
Finanzierungen gezielt Baugruppen, Kollektivhäuser und Kulturprojekte fördern,
die sich dafür entscheiden, dauerhaft in einem Quartier zu leben und sich zu
engagieren. Das stärkt den Zusammenhalt vor Ort. Angesichts zunehmend
schwindender Freiräume für Künstler und Kreative wollen wir eine Atelier- und
Ladenprojektförderung auflegen, mit der ein Beitrag für vielfältige Quartiere
geleistet werden kann.
Die lebenswerte Stadt braucht mehr Grün
Wir alle haben es in diesem Jahr erlebt: Wenn es in den Nächten heiß bleibt und
viele von uns schlechter schlafen, dann sorgt das nicht nur für unkonzentrierte
Kinder in der Schule und schlechtere Laune am nächsten Tag im Job. Vor allem für
viele ältere und kranke Menschen stellen derart hohe Temperaturen auch ein
erhebliches gesundheitliches Risiko dar. Unser Energieverbrauch durch
Klimaanlagen steigt und die Bäume verlieren teilweise schon im Sommer ihr Laub.
Unsere Städte heizen sich als Folge des Klimawandels und jahrzehntelanger
Betonpolitik immer stärker auf. Das Mikroklima in den Städten wird zu einem
erheblichen Problem für ein gutes Leben in der Großstadt. Diesem Effekt wollen
wir entgegenwirken, damit die Gesundheitsrisiken durch Wärme in der Stadt nicht
weiter stiegen: Alle zukünftigen Stadtentwicklungs- und Bauprojekte in der Stadt
müssen diesem Effekt berücksichtigen und entgegenwirken: Wir setzen uns für
klimaintelligenten Stadtbau ein, mit mehr Frischluftschneisen und mehr
Verdunstungsflächen in unseren Städten.
Wir wollen grüne Oasen in der Stadt erhalten, neue schaffen, und vor allem auch
ein gesundes Gleichgewicht herstellen zwischen dem notwendigen Schaffen von
neuem Wohnraum durch Nachverdichtung und einer lebenswerten, erholsamen
Stadtnatur. Uns ist es wichtig, die Balance zwischen zusätzlicher Bebauung und
städtischem Grün zu halten. Unser Ziel ist es, vor allem zusammenhängende
größere Grünflächen zu erhalten oder neu zu erschließen. Neue städtische Parks
und eine konsequente Begrünung, die mehr ist als ein paar kleine Bäume auf einer
Betonfläche sind notwendig um den Folgen des Klimawandels zu begegnen. Zur
Umsetzung wollen wir ein Förderprogramm für ökologischen Stadtumbau und
Freiflächenentwicklung auflegen, mit dem sowohl Konzepte als auch konkrete
Stadtentwicklungsmaßnahmen gefördert werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern den Ausbau und die bessere Förderung von Fassaden-
und Dachbegrünungen in den Städten. Es braucht endlich wieder die Möglichkeit
für die Kommunen wirksame Baumschutzsatzungen zu erlassen, um zu verhindern,
dass privater Kahlschlag zur Verödung und Überhitzung unserer Städte beiträgt.
Eine grünere Stadt muss auch über ihre Ernährung nachdenken. Zahlreiche
Beispiele zeigen, dass Lebensmittel auch aus den Großstädten heraus möglich ist.
Projekte wie Urban Gardening und Urban Farming wollen wir als GRÜNE sowohl
hinsichtlich der Flächenbereitstellung als auch des persönlichen Engagements
besser unterstützen und fördern.
Die Stadt von morgen fährt besser ohne Auto nachhaltige Mobilität für eine
lebenswerte Stadt
Die immensen Herausforderungen einer wachsenden Stadt sind schon heute im
alltäglichen Verkehr zu beobachten. Die steigende Einwohnerzahl führt auch zu
mehr Staus in den Stoßzeiten und erheblichen Parkplatzproblem in einzelnen
Stadtteilen. Bleibt der Anteil des Autoverkehrs konstant, droht das
Bevölkerungswachstum in den nächsten Jahren den Verteilungskampf um den nicht
erweiterbaren öffentlichen Raum anzuheizen und das Verkehrsnetz zu überlasten.
Auch die verkehrliche Lärmbelastung und die Gefährdung unserer Gesundheit durch
Feinstaub drohen zu steigen. Wir müssen deshalb den Anteil des Autoverkehrs
deutlich senken, um nicht zukünftig im dauernden Verkehrsinfarkt zu leben.
Wollen wir die Lebensqualität unserer Großstädte erhalten und verbessern, müssen
wir bei der Mobilität konsequent umsteuern. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen
konsequent auf die ökologische Mobilität mit Fuß und Rad, Bussen und Bahn. Wir
wollen ein friedliches Miteinander auf auf der Straße erreichen, mit echter
Gleichberechtigung von Fußgänger*innen, Rad, Auto und Logistikverkehr.
Insbesondere den Wirtschaftsverkehr wollen wir intelligenter und kleinteiliger
nach Amsterdamer Vorbild durch die Städte steuern, denn das veränderte
Konsumverhalten von uns allen führt auch dazu, dass wir intelligentere und
innovative Lösung für die tägliche Paketflut an alle Haushalte brauchen. Wir
wollen, dass der Verkehr in den Städten sicherer wird: Wir verfolgen als
Leitziel der Verkehrsplanung, dass es keine Unfälle mit Todesfolge mehr in der
Stadt gibt (Vision Zero). Dafür brauchen wir intelligente Verkehrskonzepte, die
Sicherheit und Gesundheit einen Vorrang vor Schnelligkeit einräumen. Wir wollen
gemeinsam mit den Arbeitgeber*innen neue Konzepte entwickeln, die das
Pendelaufkommen in den Großstädten reduziert – zum Beispiel durch mehr Home
Office, mehr Gleitzeit und arbeitsnahe Wohnungen, Schulen und Kitas für
Beschäftigte. Neue städtische Quartiere sollen möglichst autofrei vorrangig an
ÖPNV-Knotenpunkten und in einer Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Handel
entstehen. Bei der Investitionsförderung in Verkehrsinfrastruktur soll die
Vernetzung von Rad und ÖPNV (Multimodalität) vorrangig gefördert werden.
Autos nehmen uns den Platz und Freiräume weg. Wir GRÜNEN haben uns deshalb viele
Jahre dafür eingesetzt, dass die sächsische Bauordnung novelliert wird und damit
Gemeinden in die Lage versetzt werden zu regeln, wie, wo und in welcher Anzahl
Auto- oder Fahrradstellplätze zu schaffen sind. Damit waren wir erfolgreich,
diese kommunale Eigenständigkeit bei der Stellplatzordnung ist seit diesem Jahr
möglich. Wir wollen den nächsten Schritt gehen und die rechtssichere Grundlage
für die Ausweitung von CarSharing Möglichkeiten im öffentlichen Raum schaffen,
um den Anreiz für den Besitz eines eigenen Autos in der Großstadt zu reduzieren.
Mit Bus und Bahn für bessere Mobilität für alle
Wer in Großstädten wirksam den Autoverkehr reduzieren will, muss konsequent den
ÖPNV stärken – nur dieser ist in der Lage ökologisch und soziale den Verkehr der
Zukunft zum größtmöglichen Nutzen aller abzuwickeln. Dazu muss der ÖPNV in den
Großstädten noch attraktiver werden, als er jetzt schon ist. Eine ausreichende
Finanzierung dafür muss sichergestellt werden. Taktfrequenz, Haltestellendichte,
Verkehrsknotenausbau, Umlandvernetzung und Tarifgestaltung müssen so organisiert
werden, dass das Umsteigen auf den ÖPNV ein Angebot ist, das man nicht ablehnen
kann. Dies gelingt nur, wenn die Staatsregierung die Regionalisierungsmittel des
Bundes konsequent an die Zweckverbände, die für die Bestellung von Bus und Bahn
zuständig sind, weiterleitet und mehr Geld für den Personennahverkehr zur
Verfügung stellt.
Fahrrad fahren aber sicher
Auch in Sachsen steigen immer mehr Menschen aufs Rad und bestimmen zunehmen das
Stadtbild. Allein der dafür nötige Platz, die dafür nötige sichere Infrastruktur
steht aktuell noch nicht ausreichend zur Verfügung – das wollen wir GRÜNE
ändern. Fuß- und Radverkehrsförderung ist preiswerter als die Förderung jedes
anderen Verkehrsmittels, dabei umweltfreundlich, stadtverträglich und leistet
einen Beitrag zum Klimaschutz sowie zur Verbesserung der Umwelt- und
Lebensqualität.
Eine gutesichere Radverkehrsinfrastruktur, die Entwicklung eines gutendurchgängigen
Radverkehrsnetzes mit Hauptverbindungen und Nebenrouten, die flächenhafte
Öffnung von Einbahnstraßen in Gegenrichtung, die Schaffung diebstahlsicherer
ebenerdiger Fahrradabstellmöglichkeiten im gesamten Stadtgebiet sowie eine
breite Imagekampagne zur Schaffung von Radkultur, gegenseitiger Rücksichtnahme
und Verständnis sind längst überfällige Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs.
Um nicht nur innerhalb der Städte zügig und sicher voranzukommen, müssen
zukünftig auch Fahrradschnellstraßen geplant werden, um für nachgefragte
Pendlerbeziehungen wie z.B. zwischen Leipzig und Halle auch Radfahrenden ein
attraktives Angebot zu bieten.
Wir wollen eine bessere Vernetzung des Radverkehrs mit anderen Verkehrsträgern.
Ein Schlüsselelement sind Fahrradparkhäuser an wichtigen Umsteigepunkten wie
Bahnhöfen, die über das reine Abstellen hinaus weitere Dienstleistungen wie
Reparaturen und Fahrradverleih anbieten.
Der Freistaat muss die Städte bei der Planung des Radverkehrs besser
unterstützen. Dazu braucht es endlich ein eigenes Referat Radverkehr im
Verkehrsministerium, das die Kommunen bei der Beantragung und Planung von
Radwegen unbürokratisch unterstützt und berät. Über die bloße Förderung von
Radwegen hinaus soll die Umsetzung integrierter Konzepte in den Großstädten
finanziert werden, um z.B. den Ausbau von Radnetzen, Fahrradquartiere,
separierte Fahrradwege oder Vorrangschaltungen für Radfahrer zu realisieren.
Jeder Weg beginnt zu Fuß
Die meisten Wege in den Städten werden zu Fuß zurückgelegt. Daran muss sich auch
die Verkehrsplanung orientieren. Zu Fuß gehen soll attraktiver und sicherer
werden. Wir wollen deshalb fußgängerfreundliche Ampelschaltungen mit kurzen
Wartezeiten und langen Grünphasen. Barrieren und Hindernisse, die
Fußgänger*innen zu Umwegen zwingen, sollen verschwinden oder durchlässig gemacht
werden. Mit gesicherten Überwegen in kurzen Abständen, mit Zebrastreifen,
Mittelinseln oder Gehwegvorstreckungen werden wir alle künftig leicht und sicher
über die Fahrbahnen kommen. Ein engmaschiges barrierefreies Gehwegenetz soll
Menschen zu Fuß und auch allen, die in ihrer Mobilität beeinträchtigt sind,
zugutekommen.
Plätze und Gehwege sind soziale Raume für Begegnung und Aufenthalt. Radwege
wollen wir deshalb von den Bürgersteigen auf die Fahrbahn bzw. separierte
Radwege (protected bikelanes) verlagern und das Parken von Autos auf
Gehwegflächen Zug um Zug reduzieren. Stattdessen soll dort durch mehr
Sitzgelegenheiten und Grün die Aufenthaltsqualität erhöht werden. Der marode
Zustand vieler Gehwege und eine oft unzureichende Beleuchtung führen zu
Unsicherheiten. Neben der notwendigen Gehwegsanierung soll die Umstellung der
Lampen auf LEDs dazu genutzt werden, die Straßenbeleuchtung besser auf die
Belange der Fußgänger*innen auszurichten.
Nur eine gesunde Stadt kann lebenswert sein
Wer in der Stadt wohnt, ist mitunter teilweise deutlich stärkeren
Gesundheitsgefährdungen ausgesetzt als auf dem Land: Lärmbelastung und
Feinstaubspitzen an viel befahrenen Straßen, die hohe Unfallgefahr an
innerstädtischen Kreuzungen, höhere Stresslevel und Angst durch hohe
Mietbelastungen: Stadtleben ist der Gesundheit nicht immer zuträglich. Deswegen
wollen wir auf allen Ebenen darauf hinwirken, dass man als Mensch in der Stadt
in Zukunft deutlich gesünder alt werden kann.
Darüber hinaus braucht es aber auch eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung
in den Städten. Neben dem Ärzt*innen-Mangel auf dem Land zeigt sich auch in den
Großstädten zunehmend, dass eine flächendeckende Gesundheitsversorgung mit
Fachärzt*innen nicht mehr in dem Maße vorhanden ist, wie noch vor einigen
Jahren. Mit steigenden Einwohnerzahlen wird sich auch dieses Problem verstärken.
Zudem ist die medizinische Versorgung in der Stadt teilweise sehr ungleich
verteilt. Viele ärztliche Praxen konzentrieren sich in bessergestellten
Vierteln. Wir wollen gemeinsam mit der ärztlichen Selbstverwaltung ausloten, wie
wir die Verteilung von Praxen in den verschiedenen Stadtvierteln deutlich
gerechter gestalten können und wir eine – auch vom Umland genutzte – optimale
ärztliche Versorgung in den Großstädten gewährleistet werden kann.
Wir bekennen uns klar zu den Krankenhäusern in kommunaler Hand als wichtiger
Baustein der örtlichen Gesundheitsversorgung. Wir werden uns auf Landesebene
dafür einsetzen, dass die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die
kommunalen Krankenhäuser verbessert werden.
Eine kluge Stadt braucht alle Talente
Der Kinderanteil in allen drei Großstädten wächst, doch schon jetzt zeigen sich
deutliche Unterschiede im bedarfsgerechten Ausbau von Bildungsangeboten. GRÜNE
Ideen für Bildungsangebote gehen aber über die Quantität hinaus, schon jetzt
zeigt sich an den Bildungsübergängen, wie unterschiedlich die jeweiligen
Stadtteile aufgestellt sind. Darüber hinaus müssen wachsende Städte einen neuen
Fokus auf Angebote des Lebenslangen Lernens und inklusive Bildung legen. Wir
wollen ein Kulturangebot, dass auch finanziell den verschieden Erwartungen in
einer vielfältigen Stadtgesellschaft entspricht und ausgebaut wird.
Bildungsangebote von der Kita bis zur Hochschule
Die steigenden Geburtenraten und der Zuzug von jungen Familien führen dazu, dass
viele Eltern es schwer haben, einen geeigneten Kita-Platz zu finden. Auch fünf
Jahre nach der Einführung des Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz fehlt
es an Einrichtungen und Erzieher*innen. Die wachsenden Städte wurden nicht nur
hier jahrelang von der sächsischen Staatsregierung nur unzureichend bei der
Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen setzten
sich für eine Ausbildungsoffensive für Erzieher*innen ein und einer höheren
Entlohnung. Die wachsenden Kommunen müssen bei der Finanzierung von Kita-Plätzen
entlastet werden: ein flexibler, bedarfsgerechter und dynamisierter
Landeszuschuss unterstützt die Kommunen und entlastet die Eltern. Wir setzen uns
ferner für ein Kita-Qualitätsgesetz auf Bundesebene ein. Bei dem nach wie vor
erheblichen Investitionsbedarf bei Neubau und Sanierung von Kitas werden die
Kommunen immer noch zu wenig unterstützt, so dass sie z.T. auf langfristig
teurere Mietmodelle zurückgreifen. Um Kitas in kommunalem Eigentum realisieren
zu können, wollen wir die Kommunen mit einem bedarfsgerechten
Investitionsprogramm unterstützen. Die zunehmende Segregation in den Großstädten
ist bereits in den frühen Jahren spürbar. Kitas in sozial benachteiligten
Quartieren werden allein gelassen, wenn es darum geht, den Herausforderungen mit
individueller Förderung von Sprache und sozialen Kompetenzen zu begegnen. Wir
streiten für eine bessere Personalausstattung und zusätzliche Budgets für Kitas
in Stadtteilen, in denen besonders viele Einkommensschwache und wenig
bildungsnahe Eltern leben.
Um dem wachsenden Bedarf nach Schulen in den Großstädten nachzukommen streiten
wir für ein Sofort-Programm Schule, das die Kommunen finanziell und strukturell
bei der Umsetzung der Schulnetzplanung unterstützt. Wir wollen die Chance, die
sich aus der Notwendigkeit von Schulneubauten ergibt, nutzen und pädagogisch
innovative Bauten realisieren, die der Idee vom Raum als dritten Pädagogen
gerecht werden. Dafür braucht es eine moderne sächsische Schulbauempfehlung,
deren Leitlinien verbindlich bei der Vergabe von Schulbaufördermitteln sind.
Schon jetzt sind die Bildungschancen in den Großstädten höchst unterschiedlich
verteilt. Während in dem einen Viertel 80% der Grundschüler eine
Bildungsempfehlung für das Gymnasium bekommen, bekommt in anderen Stadtteilen
nicht einmal jeder zehnte die Chance. Welchen Bildungsweg ein Kind einschlägt,
darf nicht davon abhängen, in welchem Stadtteil seine Eltern wohnen. Dazu müssen
wir gezielt Schulen in benachteiligten Lagen unterstützen. Nicht nur der
ländliche Raum, sondern auch Schulen in sozialen Problemlagen der Großstädte
haben mit dem Lehrermangel zu kämpfen. Wir wollen, das Schulen mit Kindern aus
benachteiligten Lebenslagen besonders gefördert werden, um die besten Lehrkräfte
zu bekommen und zusätzliche Förderung umzusetzen.
Die wachsende Zahl von Studierenden in Sachsen stellt die Großstädte auch vor
Herausforderungen. Wir wollen daher die Studentenwerke unterstützen und mehr
Geld für studentisches Wohnen bereitstellen. In Städten wo der Wohnraum knapp
wird, werden bezahlbare Wohnheime immer attraktiver, doch seit Jahren werden die
Studentenwerke nicht ausreichend finanziert. Wir wollen, dass bei den
Studierendenwohnheimen der bestehende Sanierungsstau aufgelöst und neue
Wohnheime mit innovativen Konzepten geschaffen werden. Damit kann der Freistaat
einen konkreten Beitrag leisten, um dem angespannten Wohnungsmarkt
entgegenzuwirken. Damit Studierende und Absolvent*innen ihr Potential in der
Region entfalten wollen wir gemeinsam mit den Hochschulen neue Wege finden,
damit ein Ankommen auch im sächsischen Arbeitsmarkt möglich ist: Ob innovative
Start-ups, Selbstständige oder Freiberufler, wir brauchen in Sachsen einen neuen
Gründergedanken, der dieses Innovationspotential fördert und unterstützt. Ob
Mikrokredite oder Beratungsangebote, wir wollen, dass diese Menschen sich in
Sachsen verwirklichen können. Auch Jobmessen und eine integrierte, regionale
Arbeitsmarktberatung an den Hochschulen kann dazu führen, dass die
Absolvent*innen in der Region bleiben.
Regionale Bildungslandschaften stärken
Kinder wachsen in ihrem Stadtteil auf. Im Laufe der Zeit wird ihr
Bewegungsradius immer größer. Dem Bedürfnis nach regionaler Verortung und
Vernetzung wollen wir durch die Gestaltung von kommunaler Bildungslandschaften
Rechnung tragen. Regionale Bildungslandschaft bestehen aus einem verzahnten
System von klassischen Bildungsangeboten, Freizeiteinrichtungen, Sportvereinen,
kulturellen Einrichtungen, Gemeinden, Angeboten der Offenen Kinder- und
Jugendarbeit und der Jugendhilfe. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen in den
Quartieren eine bessere Verzahnung der Bildungseinrichtungen, verantwortliche
Bildungsübergänge, Bildungsinstitutionen die in den Stadtteil wirken und sich
öffnen – nicht nur institutionell sondern auch architektonisch.
Kultur braucht Freiräume
Ein wesentlicher Faktor für die Attraktivität der sächsischen Großstädte ist die
reichhaltige Kulturszene. Doch die Freiräume, in denen sich insbesondere die
freie Szene entwickeln konnte, ist zunehmend bedroht. Zahlreiche Theater,
Galerien, Proberäume und Clubs mussten schon schließen – weil andere Nutzungen
mehr Profit bringen. Wir wollen die Vielfalt der Kultur erhalten. Dazu gehört
für uns auch die Vielfalt der kulturellen Orte. Wir setzen uns dafür ein, solche
Flächen städtebaulich zu sichern, um sie für Kulturschaffende zu erhalten. Das
Land Sachsen muss Grundstücke zur kulturellen Nutzung wieder ankaufen, die
Vergabe in Erbbaupacht stärken und vermehrt Genossenschaftsmodelle ermöglichen.
Anders als die großen Theater erhalten Gruppen der Freien Szene bisher keine
Investitionszuschüsse, um ihre Räume auszubauen oder zu sanieren. Statt
Leerstand zu verwalten, sollen öffentliche und private Flächen und Räume zur
Zwischennutzung für Kulturprojekte zur Verfügung gestellt werden. Wir werden uns
für eine Zwischennutzungsagentur oder andere geeignete Modelle einsetzen, die
Künstler*innen Räume zeitlich begrenzt vermittelt.
Soziokultur und migrantische Kultur unterstützen
Der Zuzug von jungen Menschen und steigende Geburtenraten bringt nicht nur einen
steigenden Bedarf von Bildungsangeboten mit sich, sondern auch mehr Nachfrage an
soziokulturellen Angeboten, diese wollen wir stärker unterstützen. Stärker als
bisher muss es dabei gelingen, auch bisher kultur- und bildungsferne Klientel
anzusprechen. Im Vergleich zu anderen Großstädten ist migrantische und
postmigrantische Kultur bisher kaum im Fokus der Kulturförderung. Angesichts der
stark wachsenden Anteils von Bürger*innenmit Migrationsgeschichte wollen wir
neue Ansätze für vielfaltsorientierte Kulturarbeit fördern.
Bewahrung von Kulturgut und Stadtgeschichte
Unsere Städte sind reich an historischen Kulturgütern: Diese reiche Geschichte
wollen wir nachhaltig bewahren für eine Zukunft, in der sich ein verschärfendes
Klima insbesondere mit Feuchtigkeitsschäden die geschützte Bausubstanz vor neue
Herausforderungen stellt. Deshalb setzen wir uns auf Landesebene für eine
bessere Förderung des Denkmalschutzes, auch für Privatpersonen ein.
Eine lebenswerte Stadt braucht gute Arbeit
Die Großstädte beherbergen eine umfassende Arbeitswelt mit vielen Betrieben und
Dienstleistungsunternehmen, mit Behörden, Wissenschaftsstandorten und sozialen
Einrichtungen. In den letzten Jahren ist die Arbeitslosigkeit in den Großstädten
gesunken und es waren immer wieder größere Neuansiedlungen zu verzeichnen.
Dennoch brauchen wir ein neues Herangehen an Wirtschaft und Arbeit in den
Großstädten. Wir müssen weg von der Fokussierung auf Großansiedlungen und müssen
die Innovationskraft von kleinen und mittelständischen Betrieben, von
Gründer*innen, von Menschen, die progressive Ideen haben, stärken. Durch eine
gezielte Vergabe von Geldern im Rahmen von öffentlichen Aufträgen sollen diese
in der Region bleiben und so auch das Umland und Mittelzentren stärken – die
entsprechenden Rahmenbedingungen wollen wir durch ein modernes Vergabegesetz
erreichen.
Wir wollen eine wachsende Stadt, in der gute Arbeitsplatze in den Quartieren
entstehen und so ökologische und soziale Arbeitsverhältnisse geschaffen werden
und sich die Wirtschaftsstruktur der Stadt und nicht umgekehrt anpasst, durch
kurze Wege, eine gute lokale Verankerung und eine stärkere Kooperation zwischen
Industrie und Wissenschaft. Dazu wollen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch die
Kooperation der Wirtschaft mit den örtlichen Wissenschaftseinrichtungen
verbessern, um unsere Städte zur wirklichen Innovationszentren zu machen.
Insbesondere die Potentiale von Menschen mit Migrationsgeschichte,
Auszubildenden und Absolventen sollen stärker genutzt werden.
Gründungskultur ist eine wichtige Impulsgeberin für unsere Städte. Wir wollen
den Gründer*innen nicht reinreden, sondern gute Rahmenbedingungen schaffen,
damit diese sich mit ihren Ideen verwirklichen können. Dafür werden wir günstige
Räume vorhalten und Co-working-Spaces als Orte fürs Netzwerken unterstützen. Der
Kontakt zu etablierten Unternehmen, Business Angels und Wagniskapitalgeber*innen
ist stärker fördern. Um Gründungen zu erleichtern und eine Kultur der
Selbständigkeit und Risikobereitschaft zu unterstützen, werden wir den
bürokratischen Aufwand reduzieren und die vorhandenen Beratungsstellen auch für
die Konzeptphase ausbauen. Mit einem Mentoringprogramm wollen wir insbesondere
Frauen auf dem Weg in die Selbständigkeit und Teilzeitgründungen unterstützen.
Wir setzen uns dafür ein, dass Talente nicht aus Finanzierungsgründen abwandern
und wollen die Förderung der besten Ideen.
Die Stadt der Zukunft – digital und vernetzt
Wir wollen, dass die sächsischen Großstädte zu Smart Cities werden. Dazu müssen
wir die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung stärker nutzen als bisher, um
den vielfältigen Anforderungen an moderne Kommunikation und Infrastruktur
genügen. Schlüssel dafür ist der flächendeckende Ausbau mit Breitbandnetzen der
nächsten Generation. Auf dieser Grundlage wollen wir die Umsetzung intelligenter
Verkehrssteuerungssysteme für den Personen- aber vor allem für den Lieferverkehr
unterstützen, die mehr Menschen und Waren pünktlich und bezahlbar an ihr Ziel
bringen, ohne dabei die Luft in gesundheitsschädlichem Ausmaß zu verschmutzen
und ohrenbetäubende Lärmpegel in der Innenstadt zu erzeugen. Zugleich wollen wir
die Leistungen der Daseinsvorsorge in den Städten, von der Stromerzeugung bis
zur Müllentsorgung stärker miteinander vernetzen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen eine stärkere Digitalisierung von
Verwaltungsprozessen erreichen. Unser Ziel ist es, dass zukünftig die
Kommunikation der Unternehmen und der Bürger*innen mit der Verwaltung in der
Regel digital abgewickelt werden kann.
Damit eine stärkere Digitalisierung und Vernetzung gelingen kann, müssen die
Städte in Sachsen Vorreiter beim Thema Datenschutz und Datensicherheit werden.
Es braucht stärkere Anstrengungen und Investitionen in diesen Bereichen, das
gilt auch und gerade für die kommunalen Unternehmen der Daseinsvorsorge, wie
Stromerzeuger.
Eine moderne Stadt braucht eine moderne Verwaltung
Um das Gemeinwesen in unseren Städten lebenswert gestalten zu können, braucht es
eine starke Verwaltung. Sie ist der Garant dafür, dass Anträge zügig bearbeitet
werden, Verkehrsplanungen nicht ins Stocken geraten und die Bürger*innen ihre
Ansprüche auch durchsetzen können.
Die Verwaltung in den Großstädten ist aufgrund einer jahrelangen verfehlten
Personalplanung in vielen Bereichen am Limit. Das zeigt nicht zuletzt der hohe
Krankenstand in der kommunalen Verwaltung. Wir wollen die Verwaltungen wieder
mit dem Personal ausstatten, dass sie brauchen, um ihre Aufgaben reibungslos zu
erfüllen. Wir wollen den öffentlichen Dienst attraktiver, leistungsfähiger
machen, damit die Kommunen im Kampf um die besten Köpfe eine Chance haben. Den
öffentlichen Dienst machen wir zu einem Modellprojekt für ein gutes
betriebliches Gesundheitsmanagement und wertschätzende Personalführung und -
entwicklung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für konsequente Gleichstellung und
werden daher noch stärker Anstrengungen unternehmen, um den Frauenanteil in
Spitzenpositionen der Verwaltung zu erhöhen. Wir wollen unsere Verwaltungen
mehrsprachig machen, davon profitieren die Mitarbeiter*innen ebenso wie die
Bürger*innen der Städte.
Einstellungsverfahren in den öffentlichen Dienst sollen vereinfacht werden, um
die Einstellung neuen Personals zu beschleunigen. Wir setzen uns für
Musterausschreibungen für identische Aufgabenbereiche ein, die nach einer
Musterzustimmung durch den Hauptpersonalrat keine Einzelzustimmung mehr
benötigen.
Selbstbestimmung in Freiheit und Sicherheit
Viele Menschen ziehen nicht nur wegen Arbeit oder Ausbildung in eine Stadt. Sie
kommen auch auf der Suche nach Selbstverwirklichung und Vielfalt, Freiheit und
dem Nebeneinander vieler verschiedener Lebensentwürfe. Wir möchten sichere
Städte. Dafür setzen wir auf eine ausreichende Personalausstattung der
öffentlichen Behörden. Was wir aber nicht brauchen, ist Geldverschwendung mit
reinen Symbolmaßnahmen wie Videokameras und hochgerüsteten Sicherheitsdiensten.
Wir wollen, dass der öffentliche Raum auch öffentlich bleibt. Dem Streben nach
der Privatisierung und nach der stärkeren Überwachung des Öffentlichen Raums
werden wir uns widersetzen. Deshalb lehnen wir die Möglichkeiten zu
verdachtsunabhängigen Personenkontrollen durch die – im Übrigen für viele
Kommunen stigmatisierende – Ausweisung sogenannte gefährlicher Orte ebenso ab,
wie die Ausweisung von Alkoholverbotszonen.
Die lebenswerte Stadt braucht Weltoffenheit und eine starke Stadtgesellschaft
Demokratie funktioniert nur dann richtig gut, wenn die Verwaltung verlässlich
und schnell arbeitet und der städtische Versorgungsauftrag erfüllt wird; sie
funktioniert, wenn es einen kritischen und starken Journalismus vor Ort gibt,
der Missstände aufdeckt und Bürger*innen eine starke Stimme gibt; sie
funktioniert besser, wenn Menschen ein gutes Einkommen haben und sich neben der
Arbeit auch gesellschaftlich engagieren und für ihre Stadt Verantwortung nehmen
können. Wir wollen unsere Städte in all diesen Bereichen stabiler aufstellen,
hin zu einer selbstbewussten und gemeinwohlorientierten Stadtgesellschaft, in
der es selbstverständlich ist, sich für das Miteinander und eine gute Zukunft
einzusetzen. Wir fordern dementsprechend eine umfassende Beteiligung der
Bürger*innen an allen kommunalpolitischen Prozessen von einzelnen Bauvorhaben
bis zum Bürgerhaushalt.
Die Stadt der Zukunft ist eine noch internationalere Stadt als heute: Damit
Sachsens Großstädte zu Orten des Zusammentreffens, der Forschung und Bildung,
der internationalen Verständigung und Produktivität werden können, begreifen wir
Internationalität in all ihren Facetten als Selbstverständlichkeit und
Bereicherung. Wir brauchen eine Kultur der Weltoffenheit und eine gelebte
Willkommenskultur, nicht nur in den Behörden, sondern in der Stadtgesellschaft.
Nur so können unsere Städte sich den Herausforderungen der Zukunft stellen und
attraktiv für Menschen aus aller Welt sein, die hier leben und arbeiten wollen.
Für alle Neuankommenden bedeutet eine Stadt oft Orientierungslosigkeit. Mit dem
Willkommenszentrum im Leipzig haben wir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine innovatives
Projekt realisiert. Das Nebeneinander von Behörden, Angeboten und Dienstleistung
kann hier gebündelt werden um das ankommen zu erleichtern. Ein Pilotprojekt
welches auch für andere Städte Vorbild sein kann.
Von Zeile 289 bis 290:
Eine gutesichere Radverkehrsinfrastruktur, die Entwicklung eines gutendurchgängigen Radverkehrsnetzes mit Hauptverbindungen und Nebenrouten, die flächenhafte
Sachsens Großstädte wachsen, teilweise schneller, als noch vor einigen Jahren
angenommen wurde. So hat sich beispielsweise Leipzig mit einem Zuwachs von
jährlich über 10.000 Menschen zur am schnellsten wachsenden deutschen Großstadt
entwickelt. Auch Dresden verzeichnete in den letzten Jahren einen Zuwachs von
jährlich über 5.000 Menschen. Die Geburtenraten sind hoch, der Zuzug stark.
Viele Prognosen über Schrumpfungsprozesse in den Großstädten, auf deren
Grundlage noch vor Jahren zentrale politische Entscheidungen getroffen wurden,
haben sich als falsch erwiesen.
Das Wachstum und der Zuzug in die urbanen Ballungsräume birgt vielfältige
Chancen. Zusammen mit den großen Städten wird ganz Sachsen vielfältiger,
lebendiger und klüger. Was unsere sächsische Großstädte auszeichnet, sind die
vergleichsweise niedrigen Mieten und die Freiräume, in denen sich Menschen
ausprobieren können, die Kreative anziehen und das Leben deutlich entspannter
und interessanter machen als in anderen deutschen Großstädten.
Im Moment steht diese Entwicklung auf dem Spiel. Das Wachstum stellt die
Großstädte vor große Herausforderungen: Wohnraum, Infrastruktur und soziale
Daseinsvorsorge müssen dem Zuwachs folgen, ohne die gesellschaftliche Spaltung
voranzutreiben. Gleichzeitig werden im Zuge des Wachstums die Fehlentwicklungen
in den Großstädten immer deutlicher. Der Ausverkauf der Städte, die zunehmende
soziale Spaltung in der Stadt, die zunehmende Immobilienspekulation und auch die
Sommerhitze in den dicht bebauten Quartieren zeigen uns: Wir werden Wege finden
müssen, diese Fehlentwicklungen zu überwinden. Bei diesen Herausforderungen
lässt der Freistaat die Großstädte weitgehend allein. Das wollen wir
ändern.Wachsende Städte brauchen eine breite Akzeptanz für ökologische
Mobilität, für eine Stadtentwicklung mit lebendigen und sozial gemischten
Quartieren und genügend Freiräumen, für innovative Bildungskonzepte, gute
Arbeitsplätze und größere Internationalität, für eine innovative Verwaltung und
moderne Konzepte der Daseinsvorsorge. Sie können damit auch wichtige Impulse für
ihr Umland geben und so durch eine gute Vernetzung dazu beitragen, Sachsen
insgesamt als Region attraktiver zu machen.
Wir wollen die Spaltung zwischen der wachsenden Stadt und dem sich leerenden
ländlichen Raum nicht verstärken, sondern sie überwinden – nicht nur, indem wir
den ländlichen Raum in seiner Anbindung stärken, sondern auch, in dem die
Verantwortung der Städte für das umliegende Land stärker wahrgenommen wird. Die
kulturellen, wirtschaftlichen und medizinischen Angebote der Stadt müssen noch
stärker als heute die ländliche Bevölkerung einbeziehen und zugleich müssen die
Potentiale von Klein- und Mittelstädte für Wohnraum und Arbeitsplätze gehoben
werden. Wir wollen Großstädte und ländlichen Raum als zusammengehörende
Metropolregionen zusammen denken und systematisch stärken.
Wir wissen nicht, ob sich das gegenwärtige Wachstum in den Städten angesichts
des möglichen demografischen Wandels verstetigen wird. Wir wollen als
Stadtgesellschaften vorbereitet sein und unsere Städte, unsere Schulen und Kitas
so bauen, dass sie, wenn nötig, schnell aufgestockt und auch schnell anderweitig
genutzt werden können. Die Flexibilität der Strukturen soll eine grundlegende
Leitplanke unserer Stadtplanung werden.
Wir wollen, dass die sächsischen Großstädte das Wachstum nicht nur bewältigen,
sondern als Chance für eine zukunftsfähige Entwicklung in allen Bereichen
nutzen. Dazu müssen wir uns nicht am Status Quo, sondern an den positiven
Beispielen anderer europäischer Metropolen orientiert. Städte wie Kopenhagen
oder Wien, Barcelona oder Groningen zeigen jeweils auf ihre Weise, dass die
Zukunft der lebenswerten Stadt in sozialer Vielfalt und Internationalität, in
ökologischer Mobilität und in gelebten Freiräumen und starken Kommunen liegt,
die für eine umfassende Daseinsvorsorge vom Wohnen bis zur Bildung sorgen.
Lebenswerte Metropolen sind machbar. Die Stadt von morgen ist grün.
Gutes Wohnen für alle
In den sächsischen Großstädten herrscht ein rapide zunehmender Wohnraummangel,
insbesondere im unteren und mittleren Preissegment. Die Schaffung bezahlbaren
und attraktiven Wohnraums isteine der zentralen Gerechtigkeitsfragen der
Gegenwart. Um die damit verbundenen stadtbau- und sozialpolitischen Aufgaben
anzugehen, ist es dringend an der Zeit, eine gemeinwohlorientierte Boden- und
Wohnungspolitik durchzusetzen.
Wir müssen den Ausverkauf unserer Städte an die Meistbietenden stoppen. Die
derzeitig massive Immobilienspekulation treibt einen Keil in die Gesellschaft.
Sie vertreibt vor allem die Schwächsten der Gesellschaft und hat die
Wohnungssuche zu einem survival of the fittest gemacht. Weil in der Folge
insbesondere Einkommensschwache aus bestimmten Vierteln verdrängt werden, ballen
sich soziale Problemlagen in bestimmten Vierteln. Diese Entwicklung müssen wir
stoppen. Wir wollen, dass Wohnungen wieder zuallererst zum Wohnen da sind und
dass Mieter*innen anständig und fair behandelt werden.
Um das Recht auf Wohnung zu gewährleisten und den sozialen Frieden zu erhalten,
brauchen wir ein Ende des Ausverkaufs von knappem Boden in den Städten. Wir
wollen stattdessen, dass Grundstücke der Kommunen und des Freistaates nur noch
nach Erbbaurecht vergeben werden, um Immobilienspekulationen deutlich
einzudämmen. Das beendet auch die unsägliche Praxis der öffentlichen Hand, an
den jeweils Meistbietenden zu verkaufen, um dann festzustellen, dass keine
bezahlbaren Wohnungen auf den verkauften Grundstücken entstehen. Wir setzen uns
dafür ein, die Steuervorteile beim Verkauf von Immobilien durch Unternehmen
abzuschaffen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern ein gezieltes Vorgehen gegen Fehlverhalten im
Wohnungsmarkt: Wir werden die staatlichen Möglichkeiten vollends ausschöpfen im
Kampf gegen den spekulativen Leerstand von Wohnungen, exorbitante Mietpreise und
gezielte Vertreibung von Altmieter*innen durch die Eigentümer. Dazu braucht es
in Sachsen ein Gesetz gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum beispielsweise
durch dessen Umwidmung in Ferienwohnungen.
Wir wollen die kommunale Durchsetzung von Milieuschutzsatzungen ermöglichen, in
dem wir als Freistaat die rechtlichen Voraussetzungen für ein Umwandlungsverbot
von Eigentumswohnungen und die Nutzung des Vorkaufsrechts schaffen.
Die energetische Sanierung darf nicht dafür missbraucht werden, Mieter*innen aus
ihren Wohnungen zu vertreiben. Wir setzen uns dafür ein, dass sie in Zukunft nur
noch zu einem sehr geringen Teil auf die Miete umgelegt werden kann und
gleichzeitig deutlich stärker steuerlich gefördert wird. Wir wollen zudem eine
energetische Sanierung, von der Mieter*innen rasch profitieren und die nicht zu
sozialer Verdrängung führt. Daher haben für uns Maßnahmen Priorität, die einen
hohen ökologischen Nutzen haben und zu keiner Erhöhung der Warmmiete führen.
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in Sachsen setzen sich für ein Förderprogramm
Heizkostenbremse ein, welches Energiesparmaßnahme fördert, die sich schnell
bezahlt machen.
Wir brauchen unbestreitbar deutlich mehr Sozialwohnungen in Sachsen. Allerdings
muss der soziale Wohnungsbau so erfolgen, dass er den Problemen am Wohnungsmarkt
wirksam begegnet. Ein Hauptproblem besteht darin, dass Sozialwohnungen viel zu
schnell aus der Mietpreisbindung herausfallen: Heute endet im sozialen
Wohnungsbau die Belegungsbindung schon nach zehn Jahren: Das ist viel zu kurz:
Deshalb wollen wir die Bindungsfristen für Belegungsrechte auf mindestens 25
Jahre verlängern und vorrangig nicht profitorientierte, kooperative Träger
fördern, die dauerhaft öffentliches Wohneigentum bereitstellen. Zudem müssen
entscheidende Fehlkonstruktionen bei der Inanspruchnahme des sozialen
Wohnungsbaus beseitigt werden. Dazu gehört, dass das Verbot für preiswerte
Mieten in der Förderrichtlinie des Landes gekippt wird und die Einkommensgrenzen
für die Inanspruchnahme von Wohnberechtigungsscheinen erhöht werden, um den
wohnungspolitischen Realitäten zu begegnen. Um den Bedarf von ca. 5.000
Wohnungen zu decken, wollen wir die Förderung auf 200 Mio. EUR/Jahr erhöhen.
Zur Finanzierung wohnungspolitischer Maßnahmen wollen wir die Grunderwerbssteuer
anheben. Derzeit weist Sachsen mit 3,5% den niedrigsten Satz bundesweit auf. Im
Vergleich zu anderen Bundesländern, die bis 6,5% erheben, verliert der Freistaat
jedes Jahr hunderte Millionen Euro. Ein höherer Steuersatz kann der
Immobilienspekulation entgegenwirken und erhebliche zusätzliche Einnahmen
generieren, die gezielt für die Unterstützung einkommensschwacher Familien oder
Baugruppen beim Wohnungsbau durch Zuschüsse und Darlehen genutzt werden kann.
Auf diese Weise können wir gezielt Menschen unterstützen, die für sich eine
langfristige Perspektive in Sachsen aufbauen wollen.
Mit einem revolvierenden Wohnfonds sollen Kommunen beim Sozialen Wohnungsbau,
beim Aufbau öffentlichen Wohneigentums und bei der Ausübung des Vorkaufsrechts
unterstützt werden. Zur Finanzierung wollen wir einen Teil der
milliardenschweren Rücklagen des Freistaates nutzen. Die Mittel der Fonds werden
damit nicht auf den globalen Finanzmärkten, sondern direkt in Sachsen zum Nutzen
der Menschen eingesetzt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen einen echten Mietspiegel: Echte Vergleichbarkeit
gibt es nur, wenn auch die Bestandsmieten in die Mietspiegel einbezogen werden
und damit den Mieter*innen ein realistischer Überblick gegeben wird, welche
Mieten tatsächlich fair sind.
Wir fordern, dass sich der Freistaat für steuerliche Förderung der
Wohnungsgemeinnützigkeit sowie eine Reform der Grundsteuer mit dem Ziel einer
Bodenwertbesteuerung einsetzt, um Spekulation einzudämmen.
Wohnungslosigkeit entgegenwirken
In den wachsenden Städten sind viele Menschen wohnungslos. Für uns ist eine
eigene Wohnung der Schlüssel zur sozialen Teilhabe. Deswegen wollen wir die
Wohnungslosenhilfe massiv ausbauen und eine Wohnungslosenstatistik einführen.
Mieter*innen, die von Räumung bedroht sind, brauchen aufsuchende Hilfe und
frühzeitige Beratung durch soziale Träger und Sozialämter. Im Mietrecht wollen
wir GRÜNE die entstandenen Lücken im Kündigungsschutz schließen.
Die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe brauchen mehr sozialpädagogische
Fachberatung, damit die Vermittlung von weiteren Hilfsangeboten wie zum Beispiel
der Suchthilfe und der psychiatrischen Beratung funktioniert. Auch das ambulante
Betreuungsangebot ist auszubauen. Dringend erforderlich sind außerdem spezielle
Angebote in der Wohnungslosenhilfe für Alleinerziehende. Der Katalog präventiver
Maßnahmen muss vor allem das Frühwarnsystem stärken. Neben den
Schuldnerberatungsstellen müssen auch die Schnittstellen zwischen den Jobcentern
und Fachstellen sowie den Gesundheits- und Sozialdiensten ausgebaut und
personell verstärkt werden. Wir wollen die Kommunen unterstützen, genügend
Wohnungskontingente bereitzustellen, um eine möglichst schnelle Integration von
wohnungslosen Menschen in abgeschlossenen dauerhaften Wohnraum mit
wohnbegleitenden Hilfen zu ermöglichen, ohne die Bedingung, vorher
„Wohnfähigkeit“ zu erlangen (Housing First).
Soziale Vielfalt macht uns stark – vielfältige Quartiere erhalten und schaffen
Wir wollen, dass unsere Stadtviertel sozial durchmischt bleiben und vielfältiger
werden. Gerade Städte in Ostdeutschland zeigen den besorgniserregenden Trend
auf, dass die verschiedenen sozioökonomischen Einkommensgruppen zunehmend unter
sich bleiben, dass die Vielfalt in den Vierteln abnimmt und ältere und ärmere
Menschen aus ihrer vertrauten Umgebung vertrieben werden. Wenn eine Gesellschaft
zusammenhalten soll, wenn Menschen sich gegenseitig verstehen sollen und in den
Dialog miteinander treten sollen, dann müssen sie sich auch begegnen können.
Deswegen fördern wir mit den Möglichkeiten von Landes- und Kommunalpolitik die
Diversität der Wohnformen im Quartier: Wir wollen, dass in einem Viertel große
und kleine Wohnungen, teurere und billigere Wohnungen nebeneinander bestehen
können, insbesondere auch, indem wir Sozialwohnungsprojekte ausgeglichen auf die
verschiedenen Viertel der Stadt verteilen und den Milieuschutz in Sachsens
Städten konsequent durchsetzen.
Neben der Erweiterung bestehender Quartiere werden ganze Viertel neu entstehen.
Wir wollen diese neuen Stadtquartiere gemeinsam mit den Einwohner*innen bauen
mit transparenten Planungs- und Abwägungsverfahren und unter breiter Beteiligung
der Öffentlichkeit. Für die Akzeptanz braucht es Vorteile für alle, auch den
bisherigen Anwohner*innen: Kitas, Schulen, Kultureinrichtungen,
Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und Cafés, Arztpraxen, Senioren- und
Nachbarschaftstreffs, Spiel- und Sportplätze, Grünflächen und öffentliche
Verkehrsmittel sollen von Anfang an mit eingeplant werden. Entscheidend für den
Erfolg sind die konsequente soziale Mischung und die Vernetzung mit dem
städtischen Umfeld. Neue Quartiere sollen nicht Profitinteressen dienen, sondern
an vorrangig durch gemeinnützige Träger, Genossenschaften, Baugruppen, das
Studierendenwerk oder kommunale Wohnungsbaugesellschaften entwickelt werden.
Wagenplätze betrachten wir als eine gleichberechtigte Wohnform, für die genügend
Raum auch in innenstadtnahen Bereichen bereitgestellt werden muss.
Unsere Städte werden attraktiv durch ihre Freiräume: Für uns ist es essentiell,
dass wir diese auch für die Generationen nach uns erhalten. Das bedeutet, dass
wir als Städte Flächen definieren, die wir nicht verkaufen, sondern die als
Innovationsorte erhalten bleiben, mit permanenten Zwischennutzungen für neue
kulturelle und unternehmerische und soziale Projekte, damit wir als Städte auch
in Zukunft die Früchte unserer Experimentierflächen und damit unserer
Innovationsfähigkeit schaffen können. Wir wollen durch konzeptgebundene
Finanzierungen gezielt Baugruppen, Kollektivhäuser und Kulturprojekte fördern,
die sich dafür entscheiden, dauerhaft in einem Quartier zu leben und sich zu
engagieren. Das stärkt den Zusammenhalt vor Ort. Angesichts zunehmend
schwindender Freiräume für Künstler und Kreative wollen wir eine Atelier- und
Ladenprojektförderung auflegen, mit der ein Beitrag für vielfältige Quartiere
geleistet werden kann.
Die lebenswerte Stadt braucht mehr Grün
Wir alle haben es in diesem Jahr erlebt: Wenn es in den Nächten heiß bleibt und
viele von uns schlechter schlafen, dann sorgt das nicht nur für unkonzentrierte
Kinder in der Schule und schlechtere Laune am nächsten Tag im Job. Vor allem für
viele ältere und kranke Menschen stellen derart hohe Temperaturen auch ein
erhebliches gesundheitliches Risiko dar. Unser Energieverbrauch durch
Klimaanlagen steigt und die Bäume verlieren teilweise schon im Sommer ihr Laub.
Unsere Städte heizen sich als Folge des Klimawandels und jahrzehntelanger
Betonpolitik immer stärker auf. Das Mikroklima in den Städten wird zu einem
erheblichen Problem für ein gutes Leben in der Großstadt. Diesem Effekt wollen
wir entgegenwirken, damit die Gesundheitsrisiken durch Wärme in der Stadt nicht
weiter stiegen: Alle zukünftigen Stadtentwicklungs- und Bauprojekte in der Stadt
müssen diesem Effekt berücksichtigen und entgegenwirken: Wir setzen uns für
klimaintelligenten Stadtbau ein, mit mehr Frischluftschneisen und mehr
Verdunstungsflächen in unseren Städten.
Wir wollen grüne Oasen in der Stadt erhalten, neue schaffen, und vor allem auch
ein gesundes Gleichgewicht herstellen zwischen dem notwendigen Schaffen von
neuem Wohnraum durch Nachverdichtung und einer lebenswerten, erholsamen
Stadtnatur. Uns ist es wichtig, die Balance zwischen zusätzlicher Bebauung und
städtischem Grün zu halten. Unser Ziel ist es, vor allem zusammenhängende
größere Grünflächen zu erhalten oder neu zu erschließen. Neue städtische Parks
und eine konsequente Begrünung, die mehr ist als ein paar kleine Bäume auf einer
Betonfläche sind notwendig um den Folgen des Klimawandels zu begegnen. Zur
Umsetzung wollen wir ein Förderprogramm für ökologischen Stadtumbau und
Freiflächenentwicklung auflegen, mit dem sowohl Konzepte als auch konkrete
Stadtentwicklungsmaßnahmen gefördert werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern den Ausbau und die bessere Förderung von Fassaden-
und Dachbegrünungen in den Städten. Es braucht endlich wieder die Möglichkeit
für die Kommunen wirksame Baumschutzsatzungen zu erlassen, um zu verhindern,
dass privater Kahlschlag zur Verödung und Überhitzung unserer Städte beiträgt.
Eine grünere Stadt muss auch über ihre Ernährung nachdenken. Zahlreiche
Beispiele zeigen, dass Lebensmittel auch aus den Großstädten heraus möglich ist.
Projekte wie Urban Gardening und Urban Farming wollen wir als GRÜNE sowohl
hinsichtlich der Flächenbereitstellung als auch des persönlichen Engagements
besser unterstützen und fördern.
Die Stadt von morgen fährt besser ohne Auto nachhaltige Mobilität für eine
lebenswerte Stadt
Die immensen Herausforderungen einer wachsenden Stadt sind schon heute im
alltäglichen Verkehr zu beobachten. Die steigende Einwohnerzahl führt auch zu
mehr Staus in den Stoßzeiten und erheblichen Parkplatzproblem in einzelnen
Stadtteilen. Bleibt der Anteil des Autoverkehrs konstant, droht das
Bevölkerungswachstum in den nächsten Jahren den Verteilungskampf um den nicht
erweiterbaren öffentlichen Raum anzuheizen und das Verkehrsnetz zu überlasten.
Auch die verkehrliche Lärmbelastung und die Gefährdung unserer Gesundheit durch
Feinstaub drohen zu steigen. Wir müssen deshalb den Anteil des Autoverkehrs
deutlich senken, um nicht zukünftig im dauernden Verkehrsinfarkt zu leben.
Wollen wir die Lebensqualität unserer Großstädte erhalten und verbessern, müssen
wir bei der Mobilität konsequent umsteuern. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen
konsequent auf die ökologische Mobilität mit Fuß und Rad, Bussen und Bahn. Wir
wollen ein friedliches Miteinander auf auf der Straße erreichen, mit echter
Gleichberechtigung von Fußgänger*innen, Rad, Auto und Logistikverkehr.
Insbesondere den Wirtschaftsverkehr wollen wir intelligenter und kleinteiliger
nach Amsterdamer Vorbild durch die Städte steuern, denn das veränderte
Konsumverhalten von uns allen führt auch dazu, dass wir intelligentere und
innovative Lösung für die tägliche Paketflut an alle Haushalte brauchen. Wir
wollen, dass der Verkehr in den Städten sicherer wird: Wir verfolgen als
Leitziel der Verkehrsplanung, dass es keine Unfälle mit Todesfolge mehr in der
Stadt gibt (Vision Zero). Dafür brauchen wir intelligente Verkehrskonzepte, die
Sicherheit und Gesundheit einen Vorrang vor Schnelligkeit einräumen. Wir wollen
gemeinsam mit den Arbeitgeber*innen neue Konzepte entwickeln, die das
Pendelaufkommen in den Großstädten reduziert – zum Beispiel durch mehr Home
Office, mehr Gleitzeit und arbeitsnahe Wohnungen, Schulen und Kitas für
Beschäftigte. Neue städtische Quartiere sollen möglichst autofrei vorrangig an
ÖPNV-Knotenpunkten und in einer Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Handel
entstehen. Bei der Investitionsförderung in Verkehrsinfrastruktur soll die
Vernetzung von Rad und ÖPNV (Multimodalität) vorrangig gefördert werden.
Autos nehmen uns den Platz und Freiräume weg. Wir GRÜNEN haben uns deshalb viele
Jahre dafür eingesetzt, dass die sächsische Bauordnung novelliert wird und damit
Gemeinden in die Lage versetzt werden zu regeln, wie, wo und in welcher Anzahl
Auto- oder Fahrradstellplätze zu schaffen sind. Damit waren wir erfolgreich,
diese kommunale Eigenständigkeit bei der Stellplatzordnung ist seit diesem Jahr
möglich. Wir wollen den nächsten Schritt gehen und die rechtssichere Grundlage
für die Ausweitung von CarSharing Möglichkeiten im öffentlichen Raum schaffen,
um den Anreiz für den Besitz eines eigenen Autos in der Großstadt zu reduzieren.
Mit Bus und Bahn für bessere Mobilität für alle
Wer in Großstädten wirksam den Autoverkehr reduzieren will, muss konsequent den
ÖPNV stärken – nur dieser ist in der Lage ökologisch und soziale den Verkehr der
Zukunft zum größtmöglichen Nutzen aller abzuwickeln. Dazu muss der ÖPNV in den
Großstädten noch attraktiver werden, als er jetzt schon ist. Eine ausreichende
Finanzierung dafür muss sichergestellt werden. Taktfrequenz, Haltestellendichte,
Verkehrsknotenausbau, Umlandvernetzung und Tarifgestaltung müssen so organisiert
werden, dass das Umsteigen auf den ÖPNV ein Angebot ist, das man nicht ablehnen
kann. Dies gelingt nur, wenn die Staatsregierung die Regionalisierungsmittel des
Bundes konsequent an die Zweckverbände, die für die Bestellung von Bus und Bahn
zuständig sind, weiterleitet und mehr Geld für den Personennahverkehr zur
Verfügung stellt.
Fahrrad fahren aber sicher
Auch in Sachsen steigen immer mehr Menschen aufs Rad und bestimmen zunehmen das
Stadtbild. Allein der dafür nötige Platz, die dafür nötige sichere Infrastruktur
steht aktuell noch nicht ausreichend zur Verfügung – das wollen wir GRÜNE
ändern. Fuß- und Radverkehrsförderung ist preiswerter als die Förderung jedes
anderen Verkehrsmittels, dabei umweltfreundlich, stadtverträglich und leistet
einen Beitrag zum Klimaschutz sowie zur Verbesserung der Umwelt- und
Lebensqualität.
Eine gutesichere Radverkehrsinfrastruktur, die Entwicklung eines gutendurchgängigen
Radverkehrsnetzes mit Hauptverbindungen und Nebenrouten, die flächenhafte
Öffnung von Einbahnstraßen in Gegenrichtung, die Schaffung diebstahlsicherer
ebenerdiger Fahrradabstellmöglichkeiten im gesamten Stadtgebiet sowie eine
breite Imagekampagne zur Schaffung von Radkultur, gegenseitiger Rücksichtnahme
und Verständnis sind längst überfällige Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs.
Um nicht nur innerhalb der Städte zügig und sicher voranzukommen, müssen
zukünftig auch Fahrradschnellstraßen geplant werden, um für nachgefragte
Pendlerbeziehungen wie z.B. zwischen Leipzig und Halle auch Radfahrenden ein
attraktives Angebot zu bieten.
Wir wollen eine bessere Vernetzung des Radverkehrs mit anderen Verkehrsträgern.
Ein Schlüsselelement sind Fahrradparkhäuser an wichtigen Umsteigepunkten wie
Bahnhöfen, die über das reine Abstellen hinaus weitere Dienstleistungen wie
Reparaturen und Fahrradverleih anbieten.
Der Freistaat muss die Städte bei der Planung des Radverkehrs besser
unterstützen. Dazu braucht es endlich ein eigenes Referat Radverkehr im
Verkehrsministerium, das die Kommunen bei der Beantragung und Planung von
Radwegen unbürokratisch unterstützt und berät. Über die bloße Förderung von
Radwegen hinaus soll die Umsetzung integrierter Konzepte in den Großstädten
finanziert werden, um z.B. den Ausbau von Radnetzen, Fahrradquartiere,
separierte Fahrradwege oder Vorrangschaltungen für Radfahrer zu realisieren.
Jeder Weg beginnt zu Fuß
Die meisten Wege in den Städten werden zu Fuß zurückgelegt. Daran muss sich auch
die Verkehrsplanung orientieren. Zu Fuß gehen soll attraktiver und sicherer
werden. Wir wollen deshalb fußgängerfreundliche Ampelschaltungen mit kurzen
Wartezeiten und langen Grünphasen. Barrieren und Hindernisse, die
Fußgänger*innen zu Umwegen zwingen, sollen verschwinden oder durchlässig gemacht
werden. Mit gesicherten Überwegen in kurzen Abständen, mit Zebrastreifen,
Mittelinseln oder Gehwegvorstreckungen werden wir alle künftig leicht und sicher
über die Fahrbahnen kommen. Ein engmaschiges barrierefreies Gehwegenetz soll
Menschen zu Fuß und auch allen, die in ihrer Mobilität beeinträchtigt sind,
zugutekommen.
Plätze und Gehwege sind soziale Raume für Begegnung und Aufenthalt. Radwege
wollen wir deshalb von den Bürgersteigen auf die Fahrbahn bzw. separierte
Radwege (protected bikelanes) verlagern und das Parken von Autos auf
Gehwegflächen Zug um Zug reduzieren. Stattdessen soll dort durch mehr
Sitzgelegenheiten und Grün die Aufenthaltsqualität erhöht werden. Der marode
Zustand vieler Gehwege und eine oft unzureichende Beleuchtung führen zu
Unsicherheiten. Neben der notwendigen Gehwegsanierung soll die Umstellung der
Lampen auf LEDs dazu genutzt werden, die Straßenbeleuchtung besser auf die
Belange der Fußgänger*innen auszurichten.
Nur eine gesunde Stadt kann lebenswert sein
Wer in der Stadt wohnt, ist mitunter teilweise deutlich stärkeren
Gesundheitsgefährdungen ausgesetzt als auf dem Land: Lärmbelastung und
Feinstaubspitzen an viel befahrenen Straßen, die hohe Unfallgefahr an
innerstädtischen Kreuzungen, höhere Stresslevel und Angst durch hohe
Mietbelastungen: Stadtleben ist der Gesundheit nicht immer zuträglich. Deswegen
wollen wir auf allen Ebenen darauf hinwirken, dass man als Mensch in der Stadt
in Zukunft deutlich gesünder alt werden kann.
Darüber hinaus braucht es aber auch eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung
in den Städten. Neben dem Ärzt*innen-Mangel auf dem Land zeigt sich auch in den
Großstädten zunehmend, dass eine flächendeckende Gesundheitsversorgung mit
Fachärzt*innen nicht mehr in dem Maße vorhanden ist, wie noch vor einigen
Jahren. Mit steigenden Einwohnerzahlen wird sich auch dieses Problem verstärken.
Zudem ist die medizinische Versorgung in der Stadt teilweise sehr ungleich
verteilt. Viele ärztliche Praxen konzentrieren sich in bessergestellten
Vierteln. Wir wollen gemeinsam mit der ärztlichen Selbstverwaltung ausloten, wie
wir die Verteilung von Praxen in den verschiedenen Stadtvierteln deutlich
gerechter gestalten können und wir eine – auch vom Umland genutzte – optimale
ärztliche Versorgung in den Großstädten gewährleistet werden kann.
Wir bekennen uns klar zu den Krankenhäusern in kommunaler Hand als wichtiger
Baustein der örtlichen Gesundheitsversorgung. Wir werden uns auf Landesebene
dafür einsetzen, dass die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für die
kommunalen Krankenhäuser verbessert werden.
Eine kluge Stadt braucht alle Talente
Der Kinderanteil in allen drei Großstädten wächst, doch schon jetzt zeigen sich
deutliche Unterschiede im bedarfsgerechten Ausbau von Bildungsangeboten. GRÜNE
Ideen für Bildungsangebote gehen aber über die Quantität hinaus, schon jetzt
zeigt sich an den Bildungsübergängen, wie unterschiedlich die jeweiligen
Stadtteile aufgestellt sind. Darüber hinaus müssen wachsende Städte einen neuen
Fokus auf Angebote des Lebenslangen Lernens und inklusive Bildung legen. Wir
wollen ein Kulturangebot, dass auch finanziell den verschieden Erwartungen in
einer vielfältigen Stadtgesellschaft entspricht und ausgebaut wird.
Bildungsangebote von der Kita bis zur Hochschule
Die steigenden Geburtenraten und der Zuzug von jungen Familien führen dazu, dass
viele Eltern es schwer haben, einen geeigneten Kita-Platz zu finden. Auch fünf
Jahre nach der Einführung des Rechtsanspruches auf einen Betreuungsplatz fehlt
es an Einrichtungen und Erzieher*innen. Die wachsenden Städte wurden nicht nur
hier jahrelang von der sächsischen Staatsregierung nur unzureichend bei der
Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen setzten
sich für eine Ausbildungsoffensive für Erzieher*innen ein und einer höheren
Entlohnung. Die wachsenden Kommunen müssen bei der Finanzierung von Kita-Plätzen
entlastet werden: ein flexibler, bedarfsgerechter und dynamisierter
Landeszuschuss unterstützt die Kommunen und entlastet die Eltern. Wir setzen uns
ferner für ein Kita-Qualitätsgesetz auf Bundesebene ein. Bei dem nach wie vor
erheblichen Investitionsbedarf bei Neubau und Sanierung von Kitas werden die
Kommunen immer noch zu wenig unterstützt, so dass sie z.T. auf langfristig
teurere Mietmodelle zurückgreifen. Um Kitas in kommunalem Eigentum realisieren
zu können, wollen wir die Kommunen mit einem bedarfsgerechten
Investitionsprogramm unterstützen. Die zunehmende Segregation in den Großstädten
ist bereits in den frühen Jahren spürbar. Kitas in sozial benachteiligten
Quartieren werden allein gelassen, wenn es darum geht, den Herausforderungen mit
individueller Förderung von Sprache und sozialen Kompetenzen zu begegnen. Wir
streiten für eine bessere Personalausstattung und zusätzliche Budgets für Kitas
in Stadtteilen, in denen besonders viele Einkommensschwache und wenig
bildungsnahe Eltern leben.
Um dem wachsenden Bedarf nach Schulen in den Großstädten nachzukommen streiten
wir für ein Sofort-Programm Schule, das die Kommunen finanziell und strukturell
bei der Umsetzung der Schulnetzplanung unterstützt. Wir wollen die Chance, die
sich aus der Notwendigkeit von Schulneubauten ergibt, nutzen und pädagogisch
innovative Bauten realisieren, die der Idee vom Raum als dritten Pädagogen
gerecht werden. Dafür braucht es eine moderne sächsische Schulbauempfehlung,
deren Leitlinien verbindlich bei der Vergabe von Schulbaufördermitteln sind.
Schon jetzt sind die Bildungschancen in den Großstädten höchst unterschiedlich
verteilt. Während in dem einen Viertel 80% der Grundschüler eine
Bildungsempfehlung für das Gymnasium bekommen, bekommt in anderen Stadtteilen
nicht einmal jeder zehnte die Chance. Welchen Bildungsweg ein Kind einschlägt,
darf nicht davon abhängen, in welchem Stadtteil seine Eltern wohnen. Dazu müssen
wir gezielt Schulen in benachteiligten Lagen unterstützen. Nicht nur der
ländliche Raum, sondern auch Schulen in sozialen Problemlagen der Großstädte
haben mit dem Lehrermangel zu kämpfen. Wir wollen, das Schulen mit Kindern aus
benachteiligten Lebenslagen besonders gefördert werden, um die besten Lehrkräfte
zu bekommen und zusätzliche Förderung umzusetzen.
Die wachsende Zahl von Studierenden in Sachsen stellt die Großstädte auch vor
Herausforderungen. Wir wollen daher die Studentenwerke unterstützen und mehr
Geld für studentisches Wohnen bereitstellen. In Städten wo der Wohnraum knapp
wird, werden bezahlbare Wohnheime immer attraktiver, doch seit Jahren werden die
Studentenwerke nicht ausreichend finanziert. Wir wollen, dass bei den
Studierendenwohnheimen der bestehende Sanierungsstau aufgelöst und neue
Wohnheime mit innovativen Konzepten geschaffen werden. Damit kann der Freistaat
einen konkreten Beitrag leisten, um dem angespannten Wohnungsmarkt
entgegenzuwirken. Damit Studierende und Absolvent*innen ihr Potential in der
Region entfalten wollen wir gemeinsam mit den Hochschulen neue Wege finden,
damit ein Ankommen auch im sächsischen Arbeitsmarkt möglich ist: Ob innovative
Start-ups, Selbstständige oder Freiberufler, wir brauchen in Sachsen einen neuen
Gründergedanken, der dieses Innovationspotential fördert und unterstützt. Ob
Mikrokredite oder Beratungsangebote, wir wollen, dass diese Menschen sich in
Sachsen verwirklichen können. Auch Jobmessen und eine integrierte, regionale
Arbeitsmarktberatung an den Hochschulen kann dazu führen, dass die
Absolvent*innen in der Region bleiben.
Regionale Bildungslandschaften stärken
Kinder wachsen in ihrem Stadtteil auf. Im Laufe der Zeit wird ihr
Bewegungsradius immer größer. Dem Bedürfnis nach regionaler Verortung und
Vernetzung wollen wir durch die Gestaltung von kommunaler Bildungslandschaften
Rechnung tragen. Regionale Bildungslandschaft bestehen aus einem verzahnten
System von klassischen Bildungsangeboten, Freizeiteinrichtungen, Sportvereinen,
kulturellen Einrichtungen, Gemeinden, Angeboten der Offenen Kinder- und
Jugendarbeit und der Jugendhilfe. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen in den
Quartieren eine bessere Verzahnung der Bildungseinrichtungen, verantwortliche
Bildungsübergänge, Bildungsinstitutionen die in den Stadtteil wirken und sich
öffnen – nicht nur institutionell sondern auch architektonisch.
Kultur braucht Freiräume
Ein wesentlicher Faktor für die Attraktivität der sächsischen Großstädte ist die
reichhaltige Kulturszene. Doch die Freiräume, in denen sich insbesondere die
freie Szene entwickeln konnte, ist zunehmend bedroht. Zahlreiche Theater,
Galerien, Proberäume und Clubs mussten schon schließen – weil andere Nutzungen
mehr Profit bringen. Wir wollen die Vielfalt der Kultur erhalten. Dazu gehört
für uns auch die Vielfalt der kulturellen Orte. Wir setzen uns dafür ein, solche
Flächen städtebaulich zu sichern, um sie für Kulturschaffende zu erhalten. Das
Land Sachsen muss Grundstücke zur kulturellen Nutzung wieder ankaufen, die
Vergabe in Erbbaupacht stärken und vermehrt Genossenschaftsmodelle ermöglichen.
Anders als die großen Theater erhalten Gruppen der Freien Szene bisher keine
Investitionszuschüsse, um ihre Räume auszubauen oder zu sanieren. Statt
Leerstand zu verwalten, sollen öffentliche und private Flächen und Räume zur
Zwischennutzung für Kulturprojekte zur Verfügung gestellt werden. Wir werden uns
für eine Zwischennutzungsagentur oder andere geeignete Modelle einsetzen, die
Künstler*innen Räume zeitlich begrenzt vermittelt.
Soziokultur und migrantische Kultur unterstützen
Der Zuzug von jungen Menschen und steigende Geburtenraten bringt nicht nur einen
steigenden Bedarf von Bildungsangeboten mit sich, sondern auch mehr Nachfrage an
soziokulturellen Angeboten, diese wollen wir stärker unterstützen. Stärker als
bisher muss es dabei gelingen, auch bisher kultur- und bildungsferne Klientel
anzusprechen. Im Vergleich zu anderen Großstädten ist migrantische und
postmigrantische Kultur bisher kaum im Fokus der Kulturförderung. Angesichts der
stark wachsenden Anteils von Bürger*innenmit Migrationsgeschichte wollen wir
neue Ansätze für vielfaltsorientierte Kulturarbeit fördern.
Bewahrung von Kulturgut und Stadtgeschichte
Unsere Städte sind reich an historischen Kulturgütern: Diese reiche Geschichte
wollen wir nachhaltig bewahren für eine Zukunft, in der sich ein verschärfendes
Klima insbesondere mit Feuchtigkeitsschäden die geschützte Bausubstanz vor neue
Herausforderungen stellt. Deshalb setzen wir uns auf Landesebene für eine
bessere Förderung des Denkmalschutzes, auch für Privatpersonen ein.
Eine lebenswerte Stadt braucht gute Arbeit
Die Großstädte beherbergen eine umfassende Arbeitswelt mit vielen Betrieben und
Dienstleistungsunternehmen, mit Behörden, Wissenschaftsstandorten und sozialen
Einrichtungen. In den letzten Jahren ist die Arbeitslosigkeit in den Großstädten
gesunken und es waren immer wieder größere Neuansiedlungen zu verzeichnen.
Dennoch brauchen wir ein neues Herangehen an Wirtschaft und Arbeit in den
Großstädten. Wir müssen weg von der Fokussierung auf Großansiedlungen und müssen
die Innovationskraft von kleinen und mittelständischen Betrieben, von
Gründer*innen, von Menschen, die progressive Ideen haben, stärken. Durch eine
gezielte Vergabe von Geldern im Rahmen von öffentlichen Aufträgen sollen diese
in der Region bleiben und so auch das Umland und Mittelzentren stärken – die
entsprechenden Rahmenbedingungen wollen wir durch ein modernes Vergabegesetz
erreichen.
Wir wollen eine wachsende Stadt, in der gute Arbeitsplatze in den Quartieren
entstehen und so ökologische und soziale Arbeitsverhältnisse geschaffen werden
und sich die Wirtschaftsstruktur der Stadt und nicht umgekehrt anpasst, durch
kurze Wege, eine gute lokale Verankerung und eine stärkere Kooperation zwischen
Industrie und Wissenschaft. Dazu wollen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch die
Kooperation der Wirtschaft mit den örtlichen Wissenschaftseinrichtungen
verbessern, um unsere Städte zur wirklichen Innovationszentren zu machen.
Insbesondere die Potentiale von Menschen mit Migrationsgeschichte,
Auszubildenden und Absolventen sollen stärker genutzt werden.
Gründungskultur ist eine wichtige Impulsgeberin für unsere Städte. Wir wollen
den Gründer*innen nicht reinreden, sondern gute Rahmenbedingungen schaffen,
damit diese sich mit ihren Ideen verwirklichen können. Dafür werden wir günstige
Räume vorhalten und Co-working-Spaces als Orte fürs Netzwerken unterstützen. Der
Kontakt zu etablierten Unternehmen, Business Angels und Wagniskapitalgeber*innen
ist stärker fördern. Um Gründungen zu erleichtern und eine Kultur der
Selbständigkeit und Risikobereitschaft zu unterstützen, werden wir den
bürokratischen Aufwand reduzieren und die vorhandenen Beratungsstellen auch für
die Konzeptphase ausbauen. Mit einem Mentoringprogramm wollen wir insbesondere
Frauen auf dem Weg in die Selbständigkeit und Teilzeitgründungen unterstützen.
Wir setzen uns dafür ein, dass Talente nicht aus Finanzierungsgründen abwandern
und wollen die Förderung der besten Ideen.
Die Stadt der Zukunft – digital und vernetzt
Wir wollen, dass die sächsischen Großstädte zu Smart Cities werden. Dazu müssen
wir die Chancen der Digitalisierung und Vernetzung stärker nutzen als bisher, um
den vielfältigen Anforderungen an moderne Kommunikation und Infrastruktur
genügen. Schlüssel dafür ist der flächendeckende Ausbau mit Breitbandnetzen der
nächsten Generation. Auf dieser Grundlage wollen wir die Umsetzung intelligenter
Verkehrssteuerungssysteme für den Personen- aber vor allem für den Lieferverkehr
unterstützen, die mehr Menschen und Waren pünktlich und bezahlbar an ihr Ziel
bringen, ohne dabei die Luft in gesundheitsschädlichem Ausmaß zu verschmutzen
und ohrenbetäubende Lärmpegel in der Innenstadt zu erzeugen. Zugleich wollen wir
die Leistungen der Daseinsvorsorge in den Städten, von der Stromerzeugung bis
zur Müllentsorgung stärker miteinander vernetzen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen eine stärkere Digitalisierung von
Verwaltungsprozessen erreichen. Unser Ziel ist es, dass zukünftig die
Kommunikation der Unternehmen und der Bürger*innen mit der Verwaltung in der
Regel digital abgewickelt werden kann.
Damit eine stärkere Digitalisierung und Vernetzung gelingen kann, müssen die
Städte in Sachsen Vorreiter beim Thema Datenschutz und Datensicherheit werden.
Es braucht stärkere Anstrengungen und Investitionen in diesen Bereichen, das
gilt auch und gerade für die kommunalen Unternehmen der Daseinsvorsorge, wie
Stromerzeuger.
Eine moderne Stadt braucht eine moderne Verwaltung
Um das Gemeinwesen in unseren Städten lebenswert gestalten zu können, braucht es
eine starke Verwaltung. Sie ist der Garant dafür, dass Anträge zügig bearbeitet
werden, Verkehrsplanungen nicht ins Stocken geraten und die Bürger*innen ihre
Ansprüche auch durchsetzen können.
Die Verwaltung in den Großstädten ist aufgrund einer jahrelangen verfehlten
Personalplanung in vielen Bereichen am Limit. Das zeigt nicht zuletzt der hohe
Krankenstand in der kommunalen Verwaltung. Wir wollen die Verwaltungen wieder
mit dem Personal ausstatten, dass sie brauchen, um ihre Aufgaben reibungslos zu
erfüllen. Wir wollen den öffentlichen Dienst attraktiver, leistungsfähiger
machen, damit die Kommunen im Kampf um die besten Köpfe eine Chance haben. Den
öffentlichen Dienst machen wir zu einem Modellprojekt für ein gutes
betriebliches Gesundheitsmanagement und wertschätzende Personalführung und -
entwicklung. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für konsequente Gleichstellung und
werden daher noch stärker Anstrengungen unternehmen, um den Frauenanteil in
Spitzenpositionen der Verwaltung zu erhöhen. Wir wollen unsere Verwaltungen
mehrsprachig machen, davon profitieren die Mitarbeiter*innen ebenso wie die
Bürger*innen der Städte.
Einstellungsverfahren in den öffentlichen Dienst sollen vereinfacht werden, um
die Einstellung neuen Personals zu beschleunigen. Wir setzen uns für
Musterausschreibungen für identische Aufgabenbereiche ein, die nach einer
Musterzustimmung durch den Hauptpersonalrat keine Einzelzustimmung mehr
benötigen.
Selbstbestimmung in Freiheit und Sicherheit
Viele Menschen ziehen nicht nur wegen Arbeit oder Ausbildung in eine Stadt. Sie
kommen auch auf der Suche nach Selbstverwirklichung und Vielfalt, Freiheit und
dem Nebeneinander vieler verschiedener Lebensentwürfe. Wir möchten sichere
Städte. Dafür setzen wir auf eine ausreichende Personalausstattung der
öffentlichen Behörden. Was wir aber nicht brauchen, ist Geldverschwendung mit
reinen Symbolmaßnahmen wie Videokameras und hochgerüsteten Sicherheitsdiensten.
Wir wollen, dass der öffentliche Raum auch öffentlich bleibt. Dem Streben nach
der Privatisierung und nach der stärkeren Überwachung des Öffentlichen Raums
werden wir uns widersetzen. Deshalb lehnen wir die Möglichkeiten zu
verdachtsunabhängigen Personenkontrollen durch die – im Übrigen für viele
Kommunen stigmatisierende – Ausweisung sogenannte gefährlicher Orte ebenso ab,
wie die Ausweisung von Alkoholverbotszonen.
Die lebenswerte Stadt braucht Weltoffenheit und eine starke Stadtgesellschaft
Demokratie funktioniert nur dann richtig gut, wenn die Verwaltung verlässlich
und schnell arbeitet und der städtische Versorgungsauftrag erfüllt wird; sie
funktioniert, wenn es einen kritischen und starken Journalismus vor Ort gibt,
der Missstände aufdeckt und Bürger*innen eine starke Stimme gibt; sie
funktioniert besser, wenn Menschen ein gutes Einkommen haben und sich neben der
Arbeit auch gesellschaftlich engagieren und für ihre Stadt Verantwortung nehmen
können. Wir wollen unsere Städte in all diesen Bereichen stabiler aufstellen,
hin zu einer selbstbewussten und gemeinwohlorientierten Stadtgesellschaft, in
der es selbstverständlich ist, sich für das Miteinander und eine gute Zukunft
einzusetzen. Wir fordern dementsprechend eine umfassende Beteiligung der
Bürger*innen an allen kommunalpolitischen Prozessen von einzelnen Bauvorhaben
bis zum Bürgerhaushalt.
Die Stadt der Zukunft ist eine noch internationalere Stadt als heute: Damit
Sachsens Großstädte zu Orten des Zusammentreffens, der Forschung und Bildung,
der internationalen Verständigung und Produktivität werden können, begreifen wir
Internationalität in all ihren Facetten als Selbstverständlichkeit und
Bereicherung. Wir brauchen eine Kultur der Weltoffenheit und eine gelebte
Willkommenskultur, nicht nur in den Behörden, sondern in der Stadtgesellschaft.
Nur so können unsere Städte sich den Herausforderungen der Zukunft stellen und
attraktiv für Menschen aus aller Welt sein, die hier leben und arbeiten wollen.
Für alle Neuankommenden bedeutet eine Stadt oft Orientierungslosigkeit. Mit dem
Willkommenszentrum im Leipzig haben wir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine innovatives
Projekt realisiert. Das Nebeneinander von Behörden, Angeboten und Dienstleistung
kann hier gebündelt werden um das ankommen zu erleichtern. Ein Pilotprojekt
welches auch für andere Städte Vorbild sein kann.
Kommentare