Antrag: | Auf GRÜN kommt es an – für eine neue politische Kultur in Sachsen |
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Antragsteller*in: | Jens Bitzka (Bautzen KV) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 14.03.2018, 16:09 |
P01-186: Auf GRÜN kommt es an – für eine neue politische Kultur in Sachsen
Antragstext
Von Zeile 185 bis 187 einfügen:
und diskriminierungsfrei leben können. Wir wenden uns gegen jede Form der Diskriminierung - egal ob sie aufgrund der ethnischen Herkunft, Religion, Muttersprache, Weltanschauung oder wegen des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen und
Freiheit, gesellschaftlicher Fortschritt und Rechtsstaatlichkeit galten in den
letzten 25 Jahren als Errungenschaften moderner Demokratien, die nicht mehr
aktiv erkämpft oder erbittert verteidigt werden müssten. Doch die derzeitigen
globalen Entwicklungen, aber auch die gesellschaftlichen Verwerfungen in der
Bundesrepublik, zeigen, dass diese Errungenschaften längst keine
Selbstverständlichkeit mehr sind. Weltweit befinden sich mit autoritären,
nationalistischen und rassistischen Bewegungen die Feinde unserer offenen
Gesellschaft im Aufwind. Auch in Deutschland ist der Akzeptanzverlust des einst
so stabilen politischen Systems unübersehbar.
Sachsen ist in den letzten Jahren zu einem bundesrepublikanischen Symbol jener
Entwicklungen geworden. In Sachsen zeigt sich wie in einem Brennglas, dass eine
offene und demokratische Kultur alles andere als selbstverständlich ist. Dem
spürbaren, sich auch in Wahlergebnissen ausdrückenden Rechtsruck versucht die
CDU-geführte sächsische Staatsregierung in ihrer Überforderung mit Anbiederung
durch einen überhöhten Sachsenstolz und dem Schüren von Ängsten
entgegenzuwirken. Die Ursachen für diese Entwicklungen in Sachsen werden dadurch
nur verschärft statt behoben. Wir erleben eine gesellschaftliche Spaltung
zwischen Arm und Reich, die zunehmende Ausgrenzung und Stigmatisierung einer
wachsenden Gruppe sozial-abgehängter Menschen, die viele in dem Gefühl der
Abstiegsbedrohung verstärkt. Zugleich erleben wir weltweit eine Drift zwischen
wachsenden Städten und einem ländlichen Raum, der an Bevölkerung verliert. In
vielen Staaten wächst bei einem Teil der Bevölkerung das Gefühl von
Unübersichtlichkeit in einer sich schnell verändernden Welt, zunehmender
Unsicherheit und sozialer Ungerechtigkeit. Nicht nur, aber auch in Sachsen gehen
diese Entwicklungen mit einem autoritären Politikstil und Identitätsangeboten
einher, die Fremde ausschließen.
Es ist Zeit für eine neue politische und demokratische Kultur im Freistaat. Viel
zu lange wurde der demokratische Mehrwert einer engagierten, sich einmischenden
und kritischen Bürger*innenschaft verkannt. Zivilgesellschaftliches Engagement
wurde über Jahre hinweg nicht nur vernachlässigt, sondern mitunter aktiv durch
die Regierenden bekämpft. Auch wenn dies nicht allein ein sächsischer Sonderweg
war, der gewollte Mangel an bürgerschaftlicher Eigenverantwortung, das
Kleinhalten zivilgesellschaftlichen Engagements und die Haltungslosigkeit der
CDU haben Sachsen anfällig für antipluralistische Tendenzen gemacht.
Die jüngeren gesellschaftlichen Verwerfungen werden vor diesem Hintergrund auch
nicht allein durch das Lösen wichtiger aktueller Probleme zu beheben sein.
Nachhaltig kann uns dies nur gelingen, wenn wir gerade in Sachsen einen
politisch-kulturellen Neuanfang starten. Die Chance dazu ist da: Auf der ganzen
Welt, in Europa und in Deutschland setzen viele Menschen den antidemokratischen
Bewegungen hoffnungsvolle Zeichen einer politischen Kultur der Offenheit, der
Vielfalt und der Teilhabe entgegen. Auch in Sachsen setzen sich viele Menschen
für eine gesellschaftliche Modernisierung ein und wollen Sachsen nicht den
Gegner*innen einer freien und solidarischen Gesellschaft überlassen. BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN in Sachsen sehen sich als Partnerin all jener, die für eine offene
Gesellschaft eintreten.
Die Landtagswahl im kommenden Jahr wird eine Richtungsentscheidung: Zwischen
einerseits einer nationalistischen Politik der Abschottung, die versucht, die
Schwachen der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen und den starken Staat als
Lösung aller Probleme sieht und andererseits einer Politik der
gesellschaftlichen Offenheit, die für Minderheiten kämpft und dabei den Wert
einer kritischen Zivilgesellschaft nicht nur erkennt, sondern diese als Mehrwert
für den politischen Diskurs sieht – eine Politik, die für Teilhabe, Solidarität
und eine liberale Bürgergesellschaft steht.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen kämpfen mit den Menschen in Sachsen für eine
neue politische Kultur und Orientierung.
Sächsische Verhältnisse überwinden
Der Weg zu einer neuen politischen Kultur der Offenheit ist in Sachsen weiter
als anderswo. Die sächsische Demokratie atmet viel zu sehr den Geist einer
obrigkeitsstaatlichen Regierungstradition, die nach 1989/90 nicht gebrochen,
sondern lediglich unter den Vorzeichen einer herausgehobenen „sächsischen
Identität“ fortgeführt wurde.
Dieser Geist prägt nicht nur Staatskanzlei und Ministerien, er findet sich auch
in großen Teilen der Verwaltung, Gerichtssälen und Polizeirevieren wieder und
ist in unseren Schulen zu spüren. Auch nach über 28 Jahren Rechtsstaat und
Demokratie sind Meinungsvielfalt, politischer Streit und die Komplexität
demokratischer Prozesse vielen politischen Entscheidungsträgern und Teilen der
Bevölkerung fremd und werden beargwöhnt. Politik wird in vielen Teilen unseres
Landes nicht als Teilhabe und selbstverständliches Einmischen verstanden,
sondern als stillschweigender Vertrag hingenommen zwischen „der Politik“, die zu
liefern hat und den Wählerinnen und Wählern, die den Auftrag dazu erteilen. Auch
der Vertrauensentzug der CDU in Sachsen zur Bundestagswahl ist auf dieses
Politikverständnis zurückzuführen - die CDU hat in vielen Bereichen nicht
geliefert. Denn wenn der neue Ministerpräsident Kretschmer derzeit lautstark von
Erneuerung spricht, meint er keine Erneuerung der politischen Kultur, sondern
eine Neuauflage des alten Politikverständnisses.
Dabei bräuchte es gerade jetzt einen wirklichen Aufbruch in eine neue
demokratische Kultur, die der zunehmenden Unsicherheit und Ungerechtigkeit
begegnet, die alle auf dem Weg in eine – möglicherweise unsichere – Zukunft
einbindet und die die Menschen ermutigt, sich für unser Gemeinwesen und zum
Wohle aller zu engagieren. Wer antidemokratische und anti-moderne Bewegungen
zurückdrängen will, muss Antworten auf die ihnen zugrundeliegenden Entwicklungen
finden. Wir brauchen eine politische Kultur, die die Herausforderungen der
Gegenwart annimmt und die Grundlagen einer offenen Gesellschaft mit Leidenschaft
und Zuversicht erneuert. Sachsen braucht eine gesellschaftliche Modernisierung,
die den Werten von Freiheit, Menschlichkeit und Gerechtigkeit verpflichtet ist -
hin zu mehr Selbstbestimmung und mehr Eigenverantwortung.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen stehen für einen grundlegenden politischen
Kulturwandel, eine Politik umfassender Teilhabe und des gesellschaftlichen
Zusammenhalts.
Aufbruch in die Moderne - für eine liberale Bürger*innengesellschaft
Politische Mitbestimmung ist mehr als die Stimmabgabe an der Wahlurne. Unsere
Demokratie lebt vom Ringen um politische Alternativen, von der Vielfalt
gesellschaftlicher Meinungen, Werte und Interessen und vom Engagement möglichst
vieler. Eine neue politische Kultur in Sachsen muss die Menschen ins Zentrum der
politischen Gestaltung stellen. Die Botschaft muss lauten: Einmischen lohnt
sich, nicht nur in der Politik, sondern in der gesamten Gesellschaft.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für eine liberale Bürger*innengesellschaft. Wir
wollen einen Raum eröffnen, in dem zivilisiert über die zentralen Fragen des
Zusammenhalts gestritten und der Zusammenhalt in unserem Land weiterentwickelt
werden kann. Wir wollen, dass der Streit um politische Ideen und
Zukunftsperspektiven wieder als etwas Positives, als etwas Belebendes angesehen
wird.
Politik darf kein „closed shop“ sein, über die politischen Geschicke in unserem
Land darf nicht in Hinterzimmern entschieden werden. Der Staat ist für die
Bürgerinnen und Bürger da. Er weiß nicht immer alles besser, sondern sollte auf
das Wissen und die Fähigkeit der Menschen, die hier leben, vertrauen. Denn: Wer
die politische Mehrheit hat, hat dadurch keineswegs die Wahrheit gepachtet.
Deshalb stehen wir für eine politische Kultur, die zivilgesellschaftliches
Engagement nicht als Störung politischer Routine betrachtet, sondern als Impuls
für das eigene Handeln annimmt. Wir wollen eine Politik des besseren Arguments,
aber auch die einer klaren Haltung auf Grundlage unserer freiheitlichen
demokratischen Grundordnung.
Wir wollen gesellschaftliches Engagement zum Wohle der Menschen in Sachsen
fördern und das Miteinander gemeinsam gestalten. Pluralität macht unsere
Demokratie stark. Wir stehen für eine wirkliche Stärkung der Zivilgesellschaft,
die kritisch gegenüber dem Staat und seinen Institutionen auftritt – gerade auch
dann, wenn wir GRÜNE regieren.
Es ist aus Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Aufgabe des Staates für das
gesellschaftliche Engagement in Sachsen die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu
schaffen. Dazu gehören eine soziale Sicherung, die Jeder und Jedem Engagement
ermöglicht, eine auf Nachhaltigkeit orientierte Politik, die künftigen
Generationen eine gestaltbare Zukunft hinterlässt, und funktionierende
rechtsstaatliche Strukturen, die die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger
schützen und ihnen Sicherheit geben. Dazu gehört auch eine Bildungspolitik, die
den Wert von Engagement für die Gesellschaft vermittelt und die junge Menschen
befähigt und bestärkt, sich selbstbewusst und demokratisch zu engagieren. Wir
wollen den Menschen in Sachsen mehr Teilhabe an politischen Prozessen
ermöglichen und die Transparenz der staatlichen Institutionen stärken. Nicht
zuletzt braucht es starke und selbstbewusste Parlamente, in denen wahrnehmbar um
politische Ideen für die Zukunft gerungen wird.
Wir wollen die Herausforderungen der Zukunft nicht nur für, sondern mit den
Menschen, die hier leben, angehen: eine Bildungsoffensive, der
verantwortungsvolle Umgang mit dem Klimawandel, ein gelingendes Gemeinwesen, die
Förderung von kultureller Vielfalt und das Schaffen von Sicherheit.
Strukturinvestitionen für den ländlichen Raum und eine stärkere finanzielle
Entlastung der Kommunen können nur gelingen, wenn die Bürgerinnen und Bürger vor
Ort in die Gestaltung politischer Projekte einbezogen werden.
Für uns GRÜNE geht es darum, mit einem Aufbruch in eine liberale
Bürger*innengesellschaft das Verhältnis zwischen Staat, Politik und Menschen neu
zu gestalten. Wir wollen dem Engagement und den Ideen der Bürgerinnen und Bürger
für unsere Gesellschaft zum Durchbruch verhelfen.
Engagement braucht soziale Sicherheit
Demokratische Beteiligung ist immer auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Eine Politik des gesellschaftlichen Zusammenhalts richtet den Blick auf alle
Menschen in unserem Land. Denn ein freies Engagement für unsere Gesellschaft ist
nur möglich, wenn die Menschen hinreichend sozial abgesichert sind. Doch die
Probleme sind offenkundig: Wachsende Kinderarmut, prekäre
Beschäftigungsverhältnisse, Benachteiligung im Bildungssystem, Altersarmut.
Wir wollen soziale Sicherheit und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und das
Engagement für das Gemeinwohl stärken. Wir treten für eine inklusive und
solidarische Gesellschaft ein, die Teilhabe und Chancengleichheit für alle
Menschen gewährleistet. Wir wollen, dass die Menschen wieder Vertrauen in die
staatlichen Institutionen und in die soziale Infrastruktur haben. Dazu braucht
es einen inklusiven Arbeitsmarkt, der für alle offensteht und Barrieren abbaut.
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, dauerhafte und sachgrundlose Befristungen
führen zu Unsicherheit und nicht zu Flexibilität. Wir GRÜNE wollen ein
inklusives Bildungssystem, das unsere Kinder, egal welcher Herkunft, fördert und
ihnen Chancen für ihre Zukunft gibt – Bildungserfolge dürfen nicht mehr länger
vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein.
Wir wollen verlässliche Strukturen der sozialen Sicherung, gleichwertige
Lebensbedingungen in Stadt und Land sowie gesellschaftliche Strukturen und
öffentliche Einrichtungen, die für alle gleichermaßen zugänglich sind. Wir
kämpfen für hochwertige und individuelle Angebote bei der Gesundheits- und
Pflegeversorgung in Stadt und Land. Wir wollen individuelle Wohnformen genauso
fördern, wie den nachhaltigen sozialen Wohnungsbau. Kein Mensch darf verdrängt
werden, Segregationstendenzen in den Städten kann mit klugen städteplanerischen
Konzepten entgegengewirkt werden. Dem ländlichen Raum wollen wir mit Innovation
und Zukunftsmut neue Perspektiven eröffnen. Wir wollen ein Gemeinwesen
gestalten, in dem die Kommunen, Stadtteile und Quartiere so gestaltet werden,
dass alle Menschen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen
können. Wir wollen eine Wohnungspolitik, die verschiedene Lebensphasen und die
unterschiedlichen Belange der Geschlechter berücksichtigt sowie soziale
Kommunikation, das generationsübergreifende Miteinander und den interkulturellen
Dialog fördert. Wir wollen eine vielfältige Kultur, an der alle teilhaben
können. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen stehen für eine armutsfeste
Existenzsicherung und eine Kindergrundsicherung, damit Menschen sich frei und
individuell für unser Gemeinwesen einsetzen können.
Für gesellschaftliche Vielfalt und Respekt
In unserer modernen und vielfältigen Gesellschaft ist Zusammenhalt immer auch
der Zusammenhalt von unterschiedlichen Menschen. Ein Schlüssel für die
Veränderung der politischen Kultur in Sachsen ist, dass wir die Vielfalt als
Chance begreifen. Das Band, das eine Gesellschaft der Vielfalt eint und
zusammenhält, ist unser Grundgesetz.
Es ist ein Gewinn für die ganze Gesellschaft, wenn alle Menschen selbstbestimmt
und diskriminierungsfrei leben können. Wir wenden uns gegen jede Form der
Diskriminierung - egal ob sie aufgrund der ethnischen Herkunft, Religion, Muttersprache,
Weltanschauung oder wegen des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen und
geschlechtlichen Identität eines Menschen erfolgt. Deshalb sind für uns
beispielsweise Maßnahmen wie Gender Mainstreaming Wegmarken einer offenen
Gesellschaft. Nur so verhindern wir Ausgrenzung von Menschen und Menschengruppen
aus dem politischen und gesellschaftlichen Diskurs. Genauso treten wir auch der
allgegenwärtigen Verrohung der Sprache entgegen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in
Sachsen unterstützen daher seit Jahren Programme und Projekte, die sich gegen
gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und für ein demokratisches Miteinander
einsetzen. Dazu gehört auch die Fähigkeit, mit Unterschiedlichkeit– etwa
bezüglich Religion, Werten oder Lebensstil – umzugehen und dies aktiv zu lernen.
Dazu gehört politische Bildung und das Erlernen von demokratischen Prozessen.
Für eine Kultur der Vielfalt und des Respekts braucht es aber mehr. Ob in der
Regierung, in den Polizeirevieren, in Schulen, in der Verwaltung oder den
Gerichtssälen: Überall zählt die Akzeptanz von Vielfalt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
in Sachsen wollen eine interkulturelle und inklusive Öffnung der
Landesverwaltung. Hierzu bedarf es einer Weiterbildungsoffensive für die
staatlichen und Regelinstitutionen und eine Öffnung der Verwaltung. Wir fordern
den Ausbau von Weiterbildungsmöglichkeiten hinsichtlich Fremdsprachenerwerb in
den Behörden und einen mehrsprachigen und inklusiven Öffentlichkeitsauftritt von
staatlichen Institutionen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen Programme,
die für Vielfalt und interkulturelle Perspektiven sensibilisieren, fördern.
Beschäftigte im öffentlichen Dienst sollen verpflichtend Weiterbildungen zum
Erlangen interkultureller und inklusiver Kompetenzen absolvieren. Hinzu wollen
wir die Verwaltung für Menschen mit Migrationsgeschichte öffnen und diesen
verstärkt die Möglichkeit der Ausbildung und Arbeitsaufnahme im Öffentlichen
Dienst ermöglichen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen streiten dafür, dass staatliche Institutionen
im Umgang mit Vielfalt und im Respekt gegenüber allen Menschen ihrer
Vorbildfunktion gerecht werden.
Rechtsstaat stärken
In staatlichen Institutionen macht sich zunehmend ein Klima des Misstrauens
gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern breit – mitunter scheint jeder verdächtig.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen halten als liberale Rechtsstaatspartei die
Grundrechte hoch und verteidigen sie. Der Schutz der Freiheit ist eine der
zentralen Aufgaben des Staates. Das weitere Rütteln an den Pfeilern unseres
freiheitlichen Rechtsstaates durch immer mehr anlasslose Überwachung und die
zunehmende Einschränkung von Grundrechten werden wir nicht hinnehmen. Es
zerstört das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat.
Gleichzeitig muss ein funktionierender Rechtsstaat den Menschen Schutz bieten.
Die Polizei als Trägerin des Gewaltmonopols des Staates muss in der Lage sein,
ihre Schutzfunktion für alle Menschen wahrzunehmen, ohne dabei in die
Grundrechte des Einzelnen einzugreifen. Der massive Stellenabbau bei der Polizei
und ihr Rückzug aus der Fläche haben viele Menschen in Sachsen in einem Gefühl
der Unsicherheit zurückgelassen und zu einer Vielzahl von Problemen geführt.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen ist deshalb klar: Eine gut ausgebildete,
personell gut ausgestattete, sensibilisierte und hoch qualifizierte Polizei ist
der Garant für Rechtsstaatlichkeit. In einem freiheitlichen Rechtsstaat muss
eine Polizei auch gut kontrolliert werden. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte
sind Vertreterinnen und Vertreter des Staates, sie müssen den Bürgerinnen und
Bürgern offen gegenübertreten. Die individuelle Erkennbarkeit ist ein wichtiges
und nicht zu unterschätzendes Symbol für Offenheit und Deeskalation. Durch eine
anonymisierte Kennzeichnung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten wird ihr
Persönlichkeitsrecht geschützt, gleichzeitig Glaubwürdigkeit und Vertrauen in
die Polizei gestärkt. Um das Vertrauen weiter zu stärken, braucht es in Sachsen
eine unabhängige Beschwerdestelle, an die sich sowohl Bürgerinnen und Bürger mit
ihren Anliegen und Beschwerden richten können, als auch Polizistinnen und
Polizisten mit ihren dienstlichen Problemen. Eine solche Beschwerdestelle wäre
auch eine Möglichkeit eine neue Kultur im Umgang mit Fehlern zu etablieren.
Fehler sind menschlich. Mit ihnen offen und transparent in allen Institutionen
umzugehen wird das wechselseitige Vertrauen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern
und dem Freistaat verbessern.
Eine neue politische Kultur wird sich auch daran zeigen, wie staatliche
Institutionen mit Kritik und gegenläufigen Positionen umgehen. Diese werden
nicht selten auf der Straße in Form von Demonstrationen vorgebracht. Viel zu
häufig gehen die Behörden mit Versammlungen um, als wären diese per se störende
Elemente. Dies muss sich ändern. Mit unserem Versammlungsfreiheitsgesetz haben
wir einen Vorschlag unterbreitet, wie einem der zentralen Grundrechte in Sachsen
zu besserer Geltung verholfen werden kann.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen streiten für einen funktionierenden und
freiheitssichernden Rechtsstaat. Er ist die Grundlage, um sich frei von Angst
engagieren zu können.
Transparenz schaffen, Einmischen ermöglichen
Wir GRÜNE stehen zu unserer basisdemokratischen Tradition und wollen die
repräsentative Demokratie um direkte Mitgestaltung ergänzen und damit stärken.
Politische Prozesse müssen nachvollziehbarer und transparenter sein als bisher.
Nicht jeder Mensch hat die Zeit oder das Bedürfnis,sich in jede hochkomplexe
Detailentscheidung einzuarbeiten. Es soll aber Jede und Jeder gleichberechtigt
die Möglichkeit erhalten, Prozesse nachvollziehen zu können und sich
einzubringen, wenn er oder sie es möchte.
BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN in Sachsen wollen die demokratischen Instrumente auf allen
Ebenen stärken. Wir wollen Sachsens Beteiligungs- und Informationsrechte
verbindlich regeln. Unser Ziel ist es, den Menschen in Sachsen die Möglichkeit
zu geben, sich umfassend an Planungen und Entscheidungen zu beteiligen. Politik
soll nicht über die Köpfe der Menschen hinweg, sondern mit ihnen gemeinsam
gestaltet werden. Die Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten zum
Mitgestalten von demokratischen Entscheidungsprozessen. Deswegen wollen wir
nicht nur eine landesweite Beteiligungsplattform, auf der die Bürgerinnen und
Bürger ihre Meinung zu aktuellen Vorhaben artikulieren können, sondern auch
verbindliche Mindeststandards für die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern im
Freistaat und in den Kommunen. Die Voraussetzungen für Engagement im Rahmen von
Beteiligung an politischen Prozessen müssen überall im Freistaat gleich sein.
Wir wollen den Ideen der Menschen selbst eine Chance geben. Dafür möchten wir
mehr Instrumente in Sachsen etablieren, die das Einbringen von Ideen und das
gemeinsame Erarbeiten von Konzepten durch Bürgerinnen, Bürger und Politik
ermöglicht.
Auch die verbindlichen Entscheidungsrechte der Bürgerinnen und Bürger müssen
gestärkt werden, um zu ermöglichen, dass Ideen für die Zukunft Sachsens auch
dann eine Chance haben können, wenn sie von den politischen Mehrheiten in den
Parlamenten nicht aufgegriffen werden. Wir fordern deshalb die Senkung der
Hürden für landesweite Volksbegehren und die Absenkung der Mindestquoren für
Bürgerbegehren in den Kommunen auf 5 Prozent der Wahlberechtigten.
Die Förderung und das Ermöglichen von Engagement vor Ort darf nicht von der
Staatsbürgerschaft abhängen. Wer sich für sein gesellschaftliches Umfeld
engagieren will, soll dies auch können. Deshalb fordern wir das
Kommunalwahlrecht auch für Nicht-EU-Ausländer und -Ausländerinnen. Wir wollen
auch junge Menschen bis zum 18. Lebensjahr ermutigen, sich politisch
einzumischen. Junge Menschen müssen früh erfahren, dass sie durch Engagement
etwas bewegen können und dass ihre Stimme zählt. Wir fordern die Herabsetzung
des Wahlalters auf 16 Jahre auf Landes- und Bundesebene sowie die Intensivierung
von demokratischer Partizipation an Schulen z.B. durch die Stärkung von
Schüler*innenräten.
Damit sich die Menschen im Freistaat umfassend darüber informieren können, was
aktuelle Probleme sind und welche Entscheidungen anstehen, braucht es mehr
Transparenz. Sie ist Voraussetzung dafür, dass sich die Bürgerinnen und Bürger
einbringen. Deshalb haben wir GRÜNE ein Transparenzgesetz vorgelegt, mit dem der
Freistaat und die Kommunen nicht nur verpflichtet werden, Informationen auf
Anfrage herauszugeben, sondern diese selbstständig auf einer
Transparenzplattform zu veröffentlichen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen die Einwohnerinnen und Einwohner als
Akteurinnen und Akteure der Demokratie stärken. Wir wollen die Beteiligungs- und
Entscheidungsrechte der Menschen verbessern.
Engagement braucht demokratische Bildung von Anfang an
Ein Großteil der Bevölkerung ist Einmischen kulturell nicht gewöhnt, oft sind es
immer nur dieselben Leute, die sich einbringen, in der Regel gut ausgebildet,
mit ausreichenden zeitlichen Ressourcen. Dies liegt auch daran, dass der Wert
von eigenverantwortlichem Engagement für unsere Gesellschaft in unserem
Bildungssystem weiterhin eine zu geringe Rolle spielt. Dies muss sich ändern. In
einer liberalen Bürger*innengesellschaft kommt der Förderung der demokratischen
Eigenverantwortung und des gesellschaftlichen Engagements durch Schule, Kita und
Hochschule eine große Bedeutung zu. Dabei geht es nicht nur um die „formale“
politische Bildung, es geht darum, junge Menschen zu befähigen und zu bestärken,
sich selbstbewusst und demokratisch zu engagieren.
In Bildungsinstitutionen müssen Beteiligungsinstrumente mehr Anwendung finden.
Dabei kommt es auch darauf an, was entschieden wird. Alle Nutzerinnen und Nutzer
von Bildungseinrichtungen, von der Kita bis zur Hochschule, sollen bei den
Entscheidungen miteinbezogen werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen fordern
daher seit Jahren eine Stärkung der Schulkonferenzen, der viertelparitätischen
Beteiligung aller Hochschulgruppen bei der Besetzung der Gremien und
Entscheidungen, die Studierendenräte müssen gestärkt werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen streiten für eine umfassende Demokratisierung
unserer Bildungsinstitutionen, in denen der Wert gesellschaftlichen Engagements
vermittelt und gelebt wird.
Sachsen braucht selbstbewusste Parlamente
Eine starke Demokratie lebt von starken Parlamenten, die sich nicht als
Anhängsel der Regierung oder einer Stadtverwaltung begreifen, sondern ihre
Kontroll- und Entscheidungsrechte selbstbewusst wahrnehmen. Der Landtag und die
Kommunalparlamente müssen wieder zu Orten entscheidender politischer Debatten
werden. Deshalb wollen wir die Rechte der Abgeordneten und der Fraktionen
verbessern. Mit einem Parlamentsinformationsgesetz wollen wir dafür sorgen, dass
dem Landtag alle Informationen durch die Regierung zur Verfügung gestellt
werden, die er benötigt. Wir wollen die Elemente einer belebenden Debattenkultur
im Plenum, wie zum Beispiel eine Regierungsbefragung, die diesen Namen auch
verdient, etablieren.
Wir stehen für eine neue parlamentarische Kultur im Landtag. Viel zu häufig
werden gute Ideen der Opposition mit der Mehrheit der Koalition nur aus Prinzip
abgeschmettert. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Mehrheit nicht die
alleinige Weisheit dafür gepachtet hat, was gut für die Menschen in Sachsen ist.
Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass auch in Sachsen der Wettbewerb um die
besten Lösungen Vorrang vor parteipolitischem Klein-Klein hat.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen fordern die Öffentlichkeit von
Ausschusssitzungen, damit Demokratie nicht im Hinterzimmer stattfindet und
Bürgerinnen und Bürger sich auch von Detaildebatten ein Bild machen können.
Gerade auf kommunaler Ebene wollen wir GRÜNE die Voraussetzungen verbessern,
unter denen die ehrenamtlichen Rätinnen und Räte Politik gestalten. Sie leisten
einen unschätzbaren Verdienst für unsere Demokratie. Deshalb wollen BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Rahmenbedingungen für das Engagement in Kreistagen und
Gemeinderäten verbessern. Dazu gehören eine landesweit einheitliche Regelung zu
Fraktionsbildung und Fraktionsfinanzierung wie eine Verbesserung der
Entschädigungen für die Ratsarbeit.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen die Parlamente in Sachsen stärken. Sie
sind das Herz unserer repräsentativen Demokratie. Ihr selbstbewusstes Auftreten
ist wesentlicher Teil einer neuen demokratischen Kultur im Freistaat.
Einen Aufbruch in eine liberale moderne Bürger*innengesellschaft gibt es nur mit
GRÜN
Wir brauchen in Sachsen einen Aufbruch in eine neue demokratische Kultur; eine
Kultur, die die Freiheit des Einzelnen schützt, sein Engagement fördert, ernst
nimmt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt.
Unsere Welt ist im stetigen Wandel. Die Globalisierung, die Digitalisierung, die
soziale Spaltung zwischen Arm und Reich, der Klimawandel werden auch zukünftig
immer neue Antworten von uns verlangen. Doch wir stehen jetzt am Scheideweg, mit
welcher Politik wir diese Herausforderungen angehen wollen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen ist sicher: Nur in einer solidarischen
Gesellschaft und mit einem respektvollen und gleichberechtigten Diskurs über die
besten Ideen und Lösungen können wir uns auf den Weg machen. Nur diese Politik
wird die Spirale aus Resignation, Desorientierung und Wut durchbrechen und neue
gesellschaftliche Perspektiven eröffnen. Wir wollen die Gesellschaft
zusammenhalten und uns gemeinsam auf den Weg machen.
Unser GRÜNES Verständnis von Politik bedeutet daher mehr als nur Dienstleistung
für die Wählerinnen und Wähler. Wir wollen das Verhältnis zwischen Staat und
Bürgerinnen und Bürgern neu denken, Einmischen ermöglichen und die Institutionen
des Gemeinwesens stärken.
Dieser Weg ist nicht der leichteste, aber er ist der nachhaltigste. Dieser
demokratische Aufbruch heißt streiten, ringen, zweifeln, nicht für alles schon
eine Antwort zu haben, sich von einem Argument überzeugen zu lassen, nicht nur
an sich zu denken – Gemeinsamkeit zu erkennen und Vielfalt zu leben. Das
bedeutet Liberalität, Freiheit und Gerechtigkeit gemeinsam zu denken.
Von Zeile 185 bis 187 einfügen:
und diskriminierungsfrei leben können. Wir wenden uns gegen jede Form der Diskriminierung - egal ob sie aufgrund der ethnischen Herkunft, Religion, Muttersprache, Weltanschauung oder wegen des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen und
Freiheit, gesellschaftlicher Fortschritt und Rechtsstaatlichkeit galten in den
letzten 25 Jahren als Errungenschaften moderner Demokratien, die nicht mehr
aktiv erkämpft oder erbittert verteidigt werden müssten. Doch die derzeitigen
globalen Entwicklungen, aber auch die gesellschaftlichen Verwerfungen in der
Bundesrepublik, zeigen, dass diese Errungenschaften längst keine
Selbstverständlichkeit mehr sind. Weltweit befinden sich mit autoritären,
nationalistischen und rassistischen Bewegungen die Feinde unserer offenen
Gesellschaft im Aufwind. Auch in Deutschland ist der Akzeptanzverlust des einst
so stabilen politischen Systems unübersehbar.
Sachsen ist in den letzten Jahren zu einem bundesrepublikanischen Symbol jener
Entwicklungen geworden. In Sachsen zeigt sich wie in einem Brennglas, dass eine
offene und demokratische Kultur alles andere als selbstverständlich ist. Dem
spürbaren, sich auch in Wahlergebnissen ausdrückenden Rechtsruck versucht die
CDU-geführte sächsische Staatsregierung in ihrer Überforderung mit Anbiederung
durch einen überhöhten Sachsenstolz und dem Schüren von Ängsten
entgegenzuwirken. Die Ursachen für diese Entwicklungen in Sachsen werden dadurch
nur verschärft statt behoben. Wir erleben eine gesellschaftliche Spaltung
zwischen Arm und Reich, die zunehmende Ausgrenzung und Stigmatisierung einer
wachsenden Gruppe sozial-abgehängter Menschen, die viele in dem Gefühl der
Abstiegsbedrohung verstärkt. Zugleich erleben wir weltweit eine Drift zwischen
wachsenden Städten und einem ländlichen Raum, der an Bevölkerung verliert. In
vielen Staaten wächst bei einem Teil der Bevölkerung das Gefühl von
Unübersichtlichkeit in einer sich schnell verändernden Welt, zunehmender
Unsicherheit und sozialer Ungerechtigkeit. Nicht nur, aber auch in Sachsen gehen
diese Entwicklungen mit einem autoritären Politikstil und Identitätsangeboten
einher, die Fremde ausschließen.
Es ist Zeit für eine neue politische und demokratische Kultur im Freistaat. Viel
zu lange wurde der demokratische Mehrwert einer engagierten, sich einmischenden
und kritischen Bürger*innenschaft verkannt. Zivilgesellschaftliches Engagement
wurde über Jahre hinweg nicht nur vernachlässigt, sondern mitunter aktiv durch
die Regierenden bekämpft. Auch wenn dies nicht allein ein sächsischer Sonderweg
war, der gewollte Mangel an bürgerschaftlicher Eigenverantwortung, das
Kleinhalten zivilgesellschaftlichen Engagements und die Haltungslosigkeit der
CDU haben Sachsen anfällig für antipluralistische Tendenzen gemacht.
Die jüngeren gesellschaftlichen Verwerfungen werden vor diesem Hintergrund auch
nicht allein durch das Lösen wichtiger aktueller Probleme zu beheben sein.
Nachhaltig kann uns dies nur gelingen, wenn wir gerade in Sachsen einen
politisch-kulturellen Neuanfang starten. Die Chance dazu ist da: Auf der ganzen
Welt, in Europa und in Deutschland setzen viele Menschen den antidemokratischen
Bewegungen hoffnungsvolle Zeichen einer politischen Kultur der Offenheit, der
Vielfalt und der Teilhabe entgegen. Auch in Sachsen setzen sich viele Menschen
für eine gesellschaftliche Modernisierung ein und wollen Sachsen nicht den
Gegner*innen einer freien und solidarischen Gesellschaft überlassen. BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN in Sachsen sehen sich als Partnerin all jener, die für eine offene
Gesellschaft eintreten.
Die Landtagswahl im kommenden Jahr wird eine Richtungsentscheidung: Zwischen
einerseits einer nationalistischen Politik der Abschottung, die versucht, die
Schwachen der Gesellschaft gegeneinander auszuspielen und den starken Staat als
Lösung aller Probleme sieht und andererseits einer Politik der
gesellschaftlichen Offenheit, die für Minderheiten kämpft und dabei den Wert
einer kritischen Zivilgesellschaft nicht nur erkennt, sondern diese als Mehrwert
für den politischen Diskurs sieht – eine Politik, die für Teilhabe, Solidarität
und eine liberale Bürgergesellschaft steht.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen kämpfen mit den Menschen in Sachsen für eine
neue politische Kultur und Orientierung.
Sächsische Verhältnisse überwinden
Der Weg zu einer neuen politischen Kultur der Offenheit ist in Sachsen weiter
als anderswo. Die sächsische Demokratie atmet viel zu sehr den Geist einer
obrigkeitsstaatlichen Regierungstradition, die nach 1989/90 nicht gebrochen,
sondern lediglich unter den Vorzeichen einer herausgehobenen „sächsischen
Identität“ fortgeführt wurde.
Dieser Geist prägt nicht nur Staatskanzlei und Ministerien, er findet sich auch
in großen Teilen der Verwaltung, Gerichtssälen und Polizeirevieren wieder und
ist in unseren Schulen zu spüren. Auch nach über 28 Jahren Rechtsstaat und
Demokratie sind Meinungsvielfalt, politischer Streit und die Komplexität
demokratischer Prozesse vielen politischen Entscheidungsträgern und Teilen der
Bevölkerung fremd und werden beargwöhnt. Politik wird in vielen Teilen unseres
Landes nicht als Teilhabe und selbstverständliches Einmischen verstanden,
sondern als stillschweigender Vertrag hingenommen zwischen „der Politik“, die zu
liefern hat und den Wählerinnen und Wählern, die den Auftrag dazu erteilen. Auch
der Vertrauensentzug der CDU in Sachsen zur Bundestagswahl ist auf dieses
Politikverständnis zurückzuführen - die CDU hat in vielen Bereichen nicht
geliefert. Denn wenn der neue Ministerpräsident Kretschmer derzeit lautstark von
Erneuerung spricht, meint er keine Erneuerung der politischen Kultur, sondern
eine Neuauflage des alten Politikverständnisses.
Dabei bräuchte es gerade jetzt einen wirklichen Aufbruch in eine neue
demokratische Kultur, die der zunehmenden Unsicherheit und Ungerechtigkeit
begegnet, die alle auf dem Weg in eine – möglicherweise unsichere – Zukunft
einbindet und die die Menschen ermutigt, sich für unser Gemeinwesen und zum
Wohle aller zu engagieren. Wer antidemokratische und anti-moderne Bewegungen
zurückdrängen will, muss Antworten auf die ihnen zugrundeliegenden Entwicklungen
finden. Wir brauchen eine politische Kultur, die die Herausforderungen der
Gegenwart annimmt und die Grundlagen einer offenen Gesellschaft mit Leidenschaft
und Zuversicht erneuert. Sachsen braucht eine gesellschaftliche Modernisierung,
die den Werten von Freiheit, Menschlichkeit und Gerechtigkeit verpflichtet ist -
hin zu mehr Selbstbestimmung und mehr Eigenverantwortung.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen stehen für einen grundlegenden politischen
Kulturwandel, eine Politik umfassender Teilhabe und des gesellschaftlichen
Zusammenhalts.
Aufbruch in die Moderne - für eine liberale Bürger*innengesellschaft
Politische Mitbestimmung ist mehr als die Stimmabgabe an der Wahlurne. Unsere
Demokratie lebt vom Ringen um politische Alternativen, von der Vielfalt
gesellschaftlicher Meinungen, Werte und Interessen und vom Engagement möglichst
vieler. Eine neue politische Kultur in Sachsen muss die Menschen ins Zentrum der
politischen Gestaltung stellen. Die Botschaft muss lauten: Einmischen lohnt
sich, nicht nur in der Politik, sondern in der gesamten Gesellschaft.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für eine liberale Bürger*innengesellschaft. Wir
wollen einen Raum eröffnen, in dem zivilisiert über die zentralen Fragen des
Zusammenhalts gestritten und der Zusammenhalt in unserem Land weiterentwickelt
werden kann. Wir wollen, dass der Streit um politische Ideen und
Zukunftsperspektiven wieder als etwas Positives, als etwas Belebendes angesehen
wird.
Politik darf kein „closed shop“ sein, über die politischen Geschicke in unserem
Land darf nicht in Hinterzimmern entschieden werden. Der Staat ist für die
Bürgerinnen und Bürger da. Er weiß nicht immer alles besser, sondern sollte auf
das Wissen und die Fähigkeit der Menschen, die hier leben, vertrauen. Denn: Wer
die politische Mehrheit hat, hat dadurch keineswegs die Wahrheit gepachtet.
Deshalb stehen wir für eine politische Kultur, die zivilgesellschaftliches
Engagement nicht als Störung politischer Routine betrachtet, sondern als Impuls
für das eigene Handeln annimmt. Wir wollen eine Politik des besseren Arguments,
aber auch die einer klaren Haltung auf Grundlage unserer freiheitlichen
demokratischen Grundordnung.
Wir wollen gesellschaftliches Engagement zum Wohle der Menschen in Sachsen
fördern und das Miteinander gemeinsam gestalten. Pluralität macht unsere
Demokratie stark. Wir stehen für eine wirkliche Stärkung der Zivilgesellschaft,
die kritisch gegenüber dem Staat und seinen Institutionen auftritt – gerade auch
dann, wenn wir GRÜNE regieren.
Es ist aus Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Aufgabe des Staates für das
gesellschaftliche Engagement in Sachsen die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu
schaffen. Dazu gehören eine soziale Sicherung, die Jeder und Jedem Engagement
ermöglicht, eine auf Nachhaltigkeit orientierte Politik, die künftigen
Generationen eine gestaltbare Zukunft hinterlässt, und funktionierende
rechtsstaatliche Strukturen, die die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger
schützen und ihnen Sicherheit geben. Dazu gehört auch eine Bildungspolitik, die
den Wert von Engagement für die Gesellschaft vermittelt und die junge Menschen
befähigt und bestärkt, sich selbstbewusst und demokratisch zu engagieren. Wir
wollen den Menschen in Sachsen mehr Teilhabe an politischen Prozessen
ermöglichen und die Transparenz der staatlichen Institutionen stärken. Nicht
zuletzt braucht es starke und selbstbewusste Parlamente, in denen wahrnehmbar um
politische Ideen für die Zukunft gerungen wird.
Wir wollen die Herausforderungen der Zukunft nicht nur für, sondern mit den
Menschen, die hier leben, angehen: eine Bildungsoffensive, der
verantwortungsvolle Umgang mit dem Klimawandel, ein gelingendes Gemeinwesen, die
Förderung von kultureller Vielfalt und das Schaffen von Sicherheit.
Strukturinvestitionen für den ländlichen Raum und eine stärkere finanzielle
Entlastung der Kommunen können nur gelingen, wenn die Bürgerinnen und Bürger vor
Ort in die Gestaltung politischer Projekte einbezogen werden.
Für uns GRÜNE geht es darum, mit einem Aufbruch in eine liberale
Bürger*innengesellschaft das Verhältnis zwischen Staat, Politik und Menschen neu
zu gestalten. Wir wollen dem Engagement und den Ideen der Bürgerinnen und Bürger
für unsere Gesellschaft zum Durchbruch verhelfen.
Engagement braucht soziale Sicherheit
Demokratische Beteiligung ist immer auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Eine Politik des gesellschaftlichen Zusammenhalts richtet den Blick auf alle
Menschen in unserem Land. Denn ein freies Engagement für unsere Gesellschaft ist
nur möglich, wenn die Menschen hinreichend sozial abgesichert sind. Doch die
Probleme sind offenkundig: Wachsende Kinderarmut, prekäre
Beschäftigungsverhältnisse, Benachteiligung im Bildungssystem, Altersarmut.
Wir wollen soziale Sicherheit und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und das
Engagement für das Gemeinwohl stärken. Wir treten für eine inklusive und
solidarische Gesellschaft ein, die Teilhabe und Chancengleichheit für alle
Menschen gewährleistet. Wir wollen, dass die Menschen wieder Vertrauen in die
staatlichen Institutionen und in die soziale Infrastruktur haben. Dazu braucht
es einen inklusiven Arbeitsmarkt, der für alle offensteht und Barrieren abbaut.
Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, dauerhafte und sachgrundlose Befristungen
führen zu Unsicherheit und nicht zu Flexibilität. Wir GRÜNE wollen ein
inklusives Bildungssystem, das unsere Kinder, egal welcher Herkunft, fördert und
ihnen Chancen für ihre Zukunft gibt – Bildungserfolge dürfen nicht mehr länger
vom Geldbeutel der Eltern abhängig sein.
Wir wollen verlässliche Strukturen der sozialen Sicherung, gleichwertige
Lebensbedingungen in Stadt und Land sowie gesellschaftliche Strukturen und
öffentliche Einrichtungen, die für alle gleichermaßen zugänglich sind. Wir
kämpfen für hochwertige und individuelle Angebote bei der Gesundheits- und
Pflegeversorgung in Stadt und Land. Wir wollen individuelle Wohnformen genauso
fördern, wie den nachhaltigen sozialen Wohnungsbau. Kein Mensch darf verdrängt
werden, Segregationstendenzen in den Städten kann mit klugen städteplanerischen
Konzepten entgegengewirkt werden. Dem ländlichen Raum wollen wir mit Innovation
und Zukunftsmut neue Perspektiven eröffnen. Wir wollen ein Gemeinwesen
gestalten, in dem die Kommunen, Stadtteile und Quartiere so gestaltet werden,
dass alle Menschen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen
können. Wir wollen eine Wohnungspolitik, die verschiedene Lebensphasen und die
unterschiedlichen Belange der Geschlechter berücksichtigt sowie soziale
Kommunikation, das generationsübergreifende Miteinander und den interkulturellen
Dialog fördert. Wir wollen eine vielfältige Kultur, an der alle teilhaben
können. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen stehen für eine armutsfeste
Existenzsicherung und eine Kindergrundsicherung, damit Menschen sich frei und
individuell für unser Gemeinwesen einsetzen können.
Für gesellschaftliche Vielfalt und Respekt
In unserer modernen und vielfältigen Gesellschaft ist Zusammenhalt immer auch
der Zusammenhalt von unterschiedlichen Menschen. Ein Schlüssel für die
Veränderung der politischen Kultur in Sachsen ist, dass wir die Vielfalt als
Chance begreifen. Das Band, das eine Gesellschaft der Vielfalt eint und
zusammenhält, ist unser Grundgesetz.
Es ist ein Gewinn für die ganze Gesellschaft, wenn alle Menschen selbstbestimmt
und diskriminierungsfrei leben können. Wir wenden uns gegen jede Form der
Diskriminierung - egal ob sie aufgrund der ethnischen Herkunft, Religion, Muttersprache,
Weltanschauung oder wegen des Alters, einer Behinderung oder der sexuellen und
geschlechtlichen Identität eines Menschen erfolgt. Deshalb sind für uns
beispielsweise Maßnahmen wie Gender Mainstreaming Wegmarken einer offenen
Gesellschaft. Nur so verhindern wir Ausgrenzung von Menschen und Menschengruppen
aus dem politischen und gesellschaftlichen Diskurs. Genauso treten wir auch der
allgegenwärtigen Verrohung der Sprache entgegen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in
Sachsen unterstützen daher seit Jahren Programme und Projekte, die sich gegen
gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und für ein demokratisches Miteinander
einsetzen. Dazu gehört auch die Fähigkeit, mit Unterschiedlichkeit– etwa
bezüglich Religion, Werten oder Lebensstil – umzugehen und dies aktiv zu lernen.
Dazu gehört politische Bildung und das Erlernen von demokratischen Prozessen.
Für eine Kultur der Vielfalt und des Respekts braucht es aber mehr. Ob in der
Regierung, in den Polizeirevieren, in Schulen, in der Verwaltung oder den
Gerichtssälen: Überall zählt die Akzeptanz von Vielfalt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
in Sachsen wollen eine interkulturelle und inklusive Öffnung der
Landesverwaltung. Hierzu bedarf es einer Weiterbildungsoffensive für die
staatlichen und Regelinstitutionen und eine Öffnung der Verwaltung. Wir fordern
den Ausbau von Weiterbildungsmöglichkeiten hinsichtlich Fremdsprachenerwerb in
den Behörden und einen mehrsprachigen und inklusiven Öffentlichkeitsauftritt von
staatlichen Institutionen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen Programme,
die für Vielfalt und interkulturelle Perspektiven sensibilisieren, fördern.
Beschäftigte im öffentlichen Dienst sollen verpflichtend Weiterbildungen zum
Erlangen interkultureller und inklusiver Kompetenzen absolvieren. Hinzu wollen
wir die Verwaltung für Menschen mit Migrationsgeschichte öffnen und diesen
verstärkt die Möglichkeit der Ausbildung und Arbeitsaufnahme im Öffentlichen
Dienst ermöglichen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen streiten dafür, dass staatliche Institutionen
im Umgang mit Vielfalt und im Respekt gegenüber allen Menschen ihrer
Vorbildfunktion gerecht werden.
Rechtsstaat stärken
In staatlichen Institutionen macht sich zunehmend ein Klima des Misstrauens
gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern breit – mitunter scheint jeder verdächtig.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen halten als liberale Rechtsstaatspartei die
Grundrechte hoch und verteidigen sie. Der Schutz der Freiheit ist eine der
zentralen Aufgaben des Staates. Das weitere Rütteln an den Pfeilern unseres
freiheitlichen Rechtsstaates durch immer mehr anlasslose Überwachung und die
zunehmende Einschränkung von Grundrechten werden wir nicht hinnehmen. Es
zerstört das Vertrauen der Menschen in den Rechtsstaat.
Gleichzeitig muss ein funktionierender Rechtsstaat den Menschen Schutz bieten.
Die Polizei als Trägerin des Gewaltmonopols des Staates muss in der Lage sein,
ihre Schutzfunktion für alle Menschen wahrzunehmen, ohne dabei in die
Grundrechte des Einzelnen einzugreifen. Der massive Stellenabbau bei der Polizei
und ihr Rückzug aus der Fläche haben viele Menschen in Sachsen in einem Gefühl
der Unsicherheit zurückgelassen und zu einer Vielzahl von Problemen geführt.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen ist deshalb klar: Eine gut ausgebildete,
personell gut ausgestattete, sensibilisierte und hoch qualifizierte Polizei ist
der Garant für Rechtsstaatlichkeit. In einem freiheitlichen Rechtsstaat muss
eine Polizei auch gut kontrolliert werden. Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte
sind Vertreterinnen und Vertreter des Staates, sie müssen den Bürgerinnen und
Bürgern offen gegenübertreten. Die individuelle Erkennbarkeit ist ein wichtiges
und nicht zu unterschätzendes Symbol für Offenheit und Deeskalation. Durch eine
anonymisierte Kennzeichnung von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten wird ihr
Persönlichkeitsrecht geschützt, gleichzeitig Glaubwürdigkeit und Vertrauen in
die Polizei gestärkt. Um das Vertrauen weiter zu stärken, braucht es in Sachsen
eine unabhängige Beschwerdestelle, an die sich sowohl Bürgerinnen und Bürger mit
ihren Anliegen und Beschwerden richten können, als auch Polizistinnen und
Polizisten mit ihren dienstlichen Problemen. Eine solche Beschwerdestelle wäre
auch eine Möglichkeit eine neue Kultur im Umgang mit Fehlern zu etablieren.
Fehler sind menschlich. Mit ihnen offen und transparent in allen Institutionen
umzugehen wird das wechselseitige Vertrauen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern
und dem Freistaat verbessern.
Eine neue politische Kultur wird sich auch daran zeigen, wie staatliche
Institutionen mit Kritik und gegenläufigen Positionen umgehen. Diese werden
nicht selten auf der Straße in Form von Demonstrationen vorgebracht. Viel zu
häufig gehen die Behörden mit Versammlungen um, als wären diese per se störende
Elemente. Dies muss sich ändern. Mit unserem Versammlungsfreiheitsgesetz haben
wir einen Vorschlag unterbreitet, wie einem der zentralen Grundrechte in Sachsen
zu besserer Geltung verholfen werden kann.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen streiten für einen funktionierenden und
freiheitssichernden Rechtsstaat. Er ist die Grundlage, um sich frei von Angst
engagieren zu können.
Transparenz schaffen, Einmischen ermöglichen
Wir GRÜNE stehen zu unserer basisdemokratischen Tradition und wollen die
repräsentative Demokratie um direkte Mitgestaltung ergänzen und damit stärken.
Politische Prozesse müssen nachvollziehbarer und transparenter sein als bisher.
Nicht jeder Mensch hat die Zeit oder das Bedürfnis,sich in jede hochkomplexe
Detailentscheidung einzuarbeiten. Es soll aber Jede und Jeder gleichberechtigt
die Möglichkeit erhalten, Prozesse nachvollziehen zu können und sich
einzubringen, wenn er oder sie es möchte.
BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN in Sachsen wollen die demokratischen Instrumente auf allen
Ebenen stärken. Wir wollen Sachsens Beteiligungs- und Informationsrechte
verbindlich regeln. Unser Ziel ist es, den Menschen in Sachsen die Möglichkeit
zu geben, sich umfassend an Planungen und Entscheidungen zu beteiligen. Politik
soll nicht über die Köpfe der Menschen hinweg, sondern mit ihnen gemeinsam
gestaltet werden. Die Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten zum
Mitgestalten von demokratischen Entscheidungsprozessen. Deswegen wollen wir
nicht nur eine landesweite Beteiligungsplattform, auf der die Bürgerinnen und
Bürger ihre Meinung zu aktuellen Vorhaben artikulieren können, sondern auch
verbindliche Mindeststandards für die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern im
Freistaat und in den Kommunen. Die Voraussetzungen für Engagement im Rahmen von
Beteiligung an politischen Prozessen müssen überall im Freistaat gleich sein.
Wir wollen den Ideen der Menschen selbst eine Chance geben. Dafür möchten wir
mehr Instrumente in Sachsen etablieren, die das Einbringen von Ideen und das
gemeinsame Erarbeiten von Konzepten durch Bürgerinnen, Bürger und Politik
ermöglicht.
Auch die verbindlichen Entscheidungsrechte der Bürgerinnen und Bürger müssen
gestärkt werden, um zu ermöglichen, dass Ideen für die Zukunft Sachsens auch
dann eine Chance haben können, wenn sie von den politischen Mehrheiten in den
Parlamenten nicht aufgegriffen werden. Wir fordern deshalb die Senkung der
Hürden für landesweite Volksbegehren und die Absenkung der Mindestquoren für
Bürgerbegehren in den Kommunen auf 5 Prozent der Wahlberechtigten.
Die Förderung und das Ermöglichen von Engagement vor Ort darf nicht von der
Staatsbürgerschaft abhängen. Wer sich für sein gesellschaftliches Umfeld
engagieren will, soll dies auch können. Deshalb fordern wir das
Kommunalwahlrecht auch für Nicht-EU-Ausländer und -Ausländerinnen. Wir wollen
auch junge Menschen bis zum 18. Lebensjahr ermutigen, sich politisch
einzumischen. Junge Menschen müssen früh erfahren, dass sie durch Engagement
etwas bewegen können und dass ihre Stimme zählt. Wir fordern die Herabsetzung
des Wahlalters auf 16 Jahre auf Landes- und Bundesebene sowie die Intensivierung
von demokratischer Partizipation an Schulen z.B. durch die Stärkung von
Schüler*innenräten.
Damit sich die Menschen im Freistaat umfassend darüber informieren können, was
aktuelle Probleme sind und welche Entscheidungen anstehen, braucht es mehr
Transparenz. Sie ist Voraussetzung dafür, dass sich die Bürgerinnen und Bürger
einbringen. Deshalb haben wir GRÜNE ein Transparenzgesetz vorgelegt, mit dem der
Freistaat und die Kommunen nicht nur verpflichtet werden, Informationen auf
Anfrage herauszugeben, sondern diese selbstständig auf einer
Transparenzplattform zu veröffentlichen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen die Einwohnerinnen und Einwohner als
Akteurinnen und Akteure der Demokratie stärken. Wir wollen die Beteiligungs- und
Entscheidungsrechte der Menschen verbessern.
Engagement braucht demokratische Bildung von Anfang an
Ein Großteil der Bevölkerung ist Einmischen kulturell nicht gewöhnt, oft sind es
immer nur dieselben Leute, die sich einbringen, in der Regel gut ausgebildet,
mit ausreichenden zeitlichen Ressourcen. Dies liegt auch daran, dass der Wert
von eigenverantwortlichem Engagement für unsere Gesellschaft in unserem
Bildungssystem weiterhin eine zu geringe Rolle spielt. Dies muss sich ändern. In
einer liberalen Bürger*innengesellschaft kommt der Förderung der demokratischen
Eigenverantwortung und des gesellschaftlichen Engagements durch Schule, Kita und
Hochschule eine große Bedeutung zu. Dabei geht es nicht nur um die „formale“
politische Bildung, es geht darum, junge Menschen zu befähigen und zu bestärken,
sich selbstbewusst und demokratisch zu engagieren.
In Bildungsinstitutionen müssen Beteiligungsinstrumente mehr Anwendung finden.
Dabei kommt es auch darauf an, was entschieden wird. Alle Nutzerinnen und Nutzer
von Bildungseinrichtungen, von der Kita bis zur Hochschule, sollen bei den
Entscheidungen miteinbezogen werden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen fordern
daher seit Jahren eine Stärkung der Schulkonferenzen, der viertelparitätischen
Beteiligung aller Hochschulgruppen bei der Besetzung der Gremien und
Entscheidungen, die Studierendenräte müssen gestärkt werden.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen streiten für eine umfassende Demokratisierung
unserer Bildungsinstitutionen, in denen der Wert gesellschaftlichen Engagements
vermittelt und gelebt wird.
Sachsen braucht selbstbewusste Parlamente
Eine starke Demokratie lebt von starken Parlamenten, die sich nicht als
Anhängsel der Regierung oder einer Stadtverwaltung begreifen, sondern ihre
Kontroll- und Entscheidungsrechte selbstbewusst wahrnehmen. Der Landtag und die
Kommunalparlamente müssen wieder zu Orten entscheidender politischer Debatten
werden. Deshalb wollen wir die Rechte der Abgeordneten und der Fraktionen
verbessern. Mit einem Parlamentsinformationsgesetz wollen wir dafür sorgen, dass
dem Landtag alle Informationen durch die Regierung zur Verfügung gestellt
werden, die er benötigt. Wir wollen die Elemente einer belebenden Debattenkultur
im Plenum, wie zum Beispiel eine Regierungsbefragung, die diesen Namen auch
verdient, etablieren.
Wir stehen für eine neue parlamentarische Kultur im Landtag. Viel zu häufig
werden gute Ideen der Opposition mit der Mehrheit der Koalition nur aus Prinzip
abgeschmettert. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Mehrheit nicht die
alleinige Weisheit dafür gepachtet hat, was gut für die Menschen in Sachsen ist.
Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass auch in Sachsen der Wettbewerb um die
besten Lösungen Vorrang vor parteipolitischem Klein-Klein hat.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen fordern die Öffentlichkeit von
Ausschusssitzungen, damit Demokratie nicht im Hinterzimmer stattfindet und
Bürgerinnen und Bürger sich auch von Detaildebatten ein Bild machen können.
Gerade auf kommunaler Ebene wollen wir GRÜNE die Voraussetzungen verbessern,
unter denen die ehrenamtlichen Rätinnen und Räte Politik gestalten. Sie leisten
einen unschätzbaren Verdienst für unsere Demokratie. Deshalb wollen BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Rahmenbedingungen für das Engagement in Kreistagen und
Gemeinderäten verbessern. Dazu gehören eine landesweit einheitliche Regelung zu
Fraktionsbildung und Fraktionsfinanzierung wie eine Verbesserung der
Entschädigungen für die Ratsarbeit.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen die Parlamente in Sachsen stärken. Sie
sind das Herz unserer repräsentativen Demokratie. Ihr selbstbewusstes Auftreten
ist wesentlicher Teil einer neuen demokratischen Kultur im Freistaat.
Einen Aufbruch in eine liberale moderne Bürger*innengesellschaft gibt es nur mit
GRÜN
Wir brauchen in Sachsen einen Aufbruch in eine neue demokratische Kultur; eine
Kultur, die die Freiheit des Einzelnen schützt, sein Engagement fördert, ernst
nimmt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt.
Unsere Welt ist im stetigen Wandel. Die Globalisierung, die Digitalisierung, die
soziale Spaltung zwischen Arm und Reich, der Klimawandel werden auch zukünftig
immer neue Antworten von uns verlangen. Doch wir stehen jetzt am Scheideweg, mit
welcher Politik wir diese Herausforderungen angehen wollen.
Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen ist sicher: Nur in einer solidarischen
Gesellschaft und mit einem respektvollen und gleichberechtigten Diskurs über die
besten Ideen und Lösungen können wir uns auf den Weg machen. Nur diese Politik
wird die Spirale aus Resignation, Desorientierung und Wut durchbrechen und neue
gesellschaftliche Perspektiven eröffnen. Wir wollen die Gesellschaft
zusammenhalten und uns gemeinsam auf den Weg machen.
Unser GRÜNES Verständnis von Politik bedeutet daher mehr als nur Dienstleistung
für die Wählerinnen und Wähler. Wir wollen das Verhältnis zwischen Staat und
Bürgerinnen und Bürgern neu denken, Einmischen ermöglichen und die Institutionen
des Gemeinwesens stärken.
Dieser Weg ist nicht der leichteste, aber er ist der nachhaltigste. Dieser
demokratische Aufbruch heißt streiten, ringen, zweifeln, nicht für alles schon
eine Antwort zu haben, sich von einem Argument überzeugen zu lassen, nicht nur
an sich zu denken – Gemeinsamkeit zu erkennen und Vielfalt zu leben. Das
bedeutet Liberalität, Freiheit und Gerechtigkeit gemeinsam zu denken.