Veranstaltung: | 47. Landesdelegiertenkonferenz in Dresden |
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Tagesordnungspunkt: | 2. Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 15.02.2017, 13:07 |
Ö1: Bäume schützen – mehr Wald wagen, für die Stärkung des kommunalen Gehölzschutzes und eine nachhaltige Forstwirtschaft
Antragstext
Der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen ist dringend geboten. Die Natur ist
die Voraussetzung für menschliches Leben. Ohne intakte Ökosysteme, ohne den
Erhalt der Biodiversität, ohne den Schutz von Wasser, Luft und Boden, ohne den
Schutz von Bäumen und Wäldern gerät unser eigenes Leben und das unserer Kinder
in Gefahr. Umwelt- und Naturschutz ist damit ein zentrales Handlungsfeld grüner,
nachhaltiger Politik. Bäume und Gehölze spenden Schatten, bilden den Lebensraum
für Tiere und versorgen uns mit Sauerstoff. Baumschutz ist damit eminent
wichtig. Doch um diesen Baumschutz ist es in Sachsen schlecht bestellt. Seit
2010 ist das Gesetz zur Vereinfachung des Umweltrechtes in Kraft. Allen
Mahnungen von Umweltverbänden und verantwortungsvollen Stadtverwaltungen zum
Trotz nimmt diese Gesetzesänderung Städten und Gemeinden die Möglichkeit,
kommunale Baumschutzsatzungen zu formulieren. Mittlerweile mit teils
gravierenden Folgen für den Baumbestand und die Schönheit unserer Städte und
Gemeinden. Das belegen die Zahlen der Umweltverbände deutlich, die festhalten,
dass es einen deutlichen Rückgang des Baumbestandes in Sachsen gibt. BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN wollen den kommunalen Gehölzschutz stärken.
Auch die Forstwirtschaft in Sachsen trägt zum Kahlschlag bei. Zunehmend wird auf
immer größere Maschinen gesetzt und damit statt auf Nachhaltigkeit auf
Rationalisierung und optimale Holzerträge bei immer geringerem Personaleinsatz.
Dabei wurde der Begriff der Nachhaltigkeit vor 300 Jahren mit Bezug auf die
Forstwirtschaft in Sachsen geprägt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für eine
nachhaltige Forstwirtschaft. Wir wollen ein Netz von naturnahen, nutzungsfreien
Wäldern und Waldreservaten mit Altholzbeständen entwickeln. Der Waldumbau zu
struktur- und artenreichen Mischwäldern ist unvermindert weiterzuführen. Im
Privatwald soll der Waldumbau unkompliziert und flexibel gefördert werden. Neben
den naturgemäß bewirtschafteten Forsten muss auch der Anteil der Waldflächen, in
denen natürliche Prozesse ungestört ablaufen können, mittelfristig im Staatswald
auf 10 Prozent erhöht werden. Dies entspricht auch den Forderungen der Nationale
Strategie zur biologischen Vielfalt. Der Staatsbetrieb Sachsenforst soll künftig
nach den internationalen Kriterien für verantwortungsvolle Waldwirtschaft des
Forest Stewardship Council (FSC) bewirtschaftet werden.
Auch der sogenannte Tornadoerlass hat zu einer Zerstörung der heimischen Natur
beigetragen und dafür gesorgt, dass zum Teil hundert Jahre alte Bäume ersatzlos
gefällt wurden. Mit dem wissenschaftlich fragwürdigen Verweis auf eine
allgemeine Gefährdung von Bäumen und Sträuchern auf Deichen wurde die Grundlage
für einen unvergleichbaren Raubbau an der Natur geschaffen. BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN stehen für einen umweltverträglichen Hochwasserschutz und wollen den
Tornadoerlass abschaffen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen wollen die kommunale Selbstverwaltung beim
Baum- und Gehölzschutz wieder herstellen. Die Städte und Gemeinden sollen die
Bäume grundsätzlich über eigene Baumschutzsatzungen schützen können. Bis zum
Jahr 2010 hatten sächsische Städte und Gemeinden die Möglichkeit, lokal an die
Bedürfnisse zugeschnittene Baumschutzsatzungen zu erlassen. Damit konnten Bäume
und Sträucher umfassend und angepasst an die lokalen Verhältnisse geschützt
werden. Seitdem CDU und FDP 2010 das Naturschutzgesetz geändert haben, gilt dies
nur noch für ausgewählte Arten und Bäume mit einer bestimmten Mindestgröße.
Großstädte und Städte mittlerer Größe mit erhöhtem Nutzungsdruck auf ihre
Flächen verzeichnen einen schleichenden Verlust an Baumbestand, weil sie
mittelalte Bäume von unter einem Meter Umfang grundsätzlich nicht mehr unter
Schutz stellen können. Das hat zur Folge, dass Gehölze mit stadtklimatischer
Funktion und Pflanzungen nach Luftreinhalteplänen nur noch auf kommunalen
Flächen gesichert werden können. Während manche Städte mit großem finanziellen
Aufwand versuchen, aus Gründen der Luftreinhaltung tausende Bäume und Gehölze
neu auf städtischen Flächen zu pflanzen, werden im privaten Bereich deutlich
mehr Gehölze ersatzlos gefällt. Die aktuelle Rechtslage legt engagierten
Kommunen Ketten beim Baumschutz an. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen fordern,
diese Schwächung des Baum- und Gehölzschutzes und der kommunalen
Selbstverwaltung in Sachsen zu beenden. Der Schutz von Bäumen darf nicht mehr
grundsätzlich auf einige Arten begrenzt sein und auch nicht erst ab einem
bestimmten Stammumfang gelten. Wir setzen uns dafür ein, dass die lokal
zuständigen Verwaltungen wieder die Möglichkeit haben, bei Bedarf auch Sträucher
und Hecken als Lebensraum biologischer Vielfalt unter Schutz zu stellen
Trotz zunehmenden Bürgerengagements, wenn es um den Schutz von Bäumen geht,
haben insbesondere Straßenbäume bei Staatsregierung und Verwaltung noch immer
eine schwache Lobby. Schnell ist die Säge angesetzt, um Bäume als Hindernis für
Baumaßnahmen oder aus Gründen der Verkehrssicherung zu beseitigen. Zusätzlich
werden viele Bäume durch maschinelles Mähen oder landwirtschaftliche Arbeiten
bis direkt an den Baumstamm heran verletzt und sterben ab. Circa 45.000
Straßenbäume wurden allein zwischen 2010 und 2015 an sächsischen Staats- und
Bundesstraßen gefällt. An Bundes- und Staatsstraßen in ganz Sachsen fielen damit
zwischen 2010 bis 2015 insgesamt 17,5 Prozent des Baumbestandes der Säge zum
Opfer. Die Nachpflanzungen von ca. 20.300 neuen Bäumen an Bundes- und
Staatsstraßen in ganz Sachsen innerhalb dieses Zeitraumes sind absolut nicht
ausreichend, um den Baumverlust zu bremsen, schließlich wurden nicht einmal die
Hälfte der Bäume ersetzt. Selbst wenn die Anzahl der gefällten Bäume ersetzt
worden wäre, wäre dies allerdings völlig unzureichend. Ein neu gepflanzter,
junger Baum erbringt nur einen geringen Bruchteil der biologischen Leistungen
eines Altbaumes − etwa in Bezug auf Sauerstoffproduktion, Temperaturausgleich
oder Lebensraumeignung für Insekten und Tiere. Damit der Ausgleich eines alten
Baumes durch Neupflanzung annähernd erreicht wird, muss bei Neupflanzungen
wenigstens ein Verhältnis 1:3 oder darüber angestrebt werden. BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN in Sachsen setzen sich dafür ein, dass das Anbringen von
Schutzeinrichtungen am Straßenrand generell Vorrang vor Baumfällungen bekommen
soll. Wenn gefällt wurde, muss es zwingend zu ausreichenden Nachpflanzungen
kommen. Dies verhindert u.a. die restriktive Anwendung der Richtlinie für den
passiven Schutz an Straßen (RPS) in Sachsen. Diese Richtlinie aus dem Jahr 2009,
die bei Straßen ohne Höchstgeschwindigkeit einen Mindestabstand für
Neupflanzungen von 7,50 Meter zum Fahrbahnrand vorsieht, dient in Sachsen immer
wieder als Vorwand, um nicht mehr nachzupflanzen. Selten verfügt der
Straßenbaulastträger über so viel Land am Straßenrand. Der Zukauf erweist sich
oft als schwierig. So besteht eine hohe Diskrepanz zwischen den durch
gutachterliche Bewertung ermittelten Bodenpreisen, die die Straßenbauverwaltung
für Grunderwerb erstatten darf und den zur Zeit am freien Markt erzielten
Bodenverkaufspreisen. Die Richtlinie ist allerdings kein Gesetz sondern
lediglich eine Empfehlung. Sie geht von der Maximalforderung aus, neue Bäume
möglichst weit vom Fahrbahnrand zu pflanzen. Wo dies allerdings nicht möglich
ist, setzen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen sich dafür ein, dass der
Zielkonflikt zwischen Verkehrssicherheit und Alleenerhalt nicht nur zu Lasten
der Bäume ausgeht.
Hier fordern wir vom Freistaat endlich abgestimmte Lösungen vorzulegen. Zum
Einen müssen deutlich mehr Schutzeinrichtungen wie Leitplanken eingesetzt
werden. Damit lässt sich der Pflanzabstand deutlich minimieren. Zusätzlich
eröffnen Geschwindigkeitsreduzierungen die Möglichkeit von Alleepflanzungen mit
einem Pflanzabstand von weniger als 7,50 m zum Fahrbahnrand. Darüber hinaus
fordern wir die Staatsregierung auf, sich für eine Überarbeitung der Richtlinie
für den passiven Schutz an Straßen 2009 auf Bundesebene einzusetzen. Streusalz
kann Straßenbäume schädigen, bei direktem Kontakt sogar verätzen. Mit dem
Schmelzwasser versickert Streusalz und kann sich über viele Jahre im Boden
anreichern. Ein hoher Salzgehalt im Boden führt beispielsweise dazu, dass die
Pflanzen Wasser und Nährstoffe schlechter aufnehmen können. Langfristig führt
die Mangelversorgung dazu, dass Pflanzen anfälliger gegenüber Krankheiten werden
– und früher absterben. Wir fordern die sächsische Staatsregierung auf, sich für
eine einheitliche Regelung auf Bundes- und Länderebene einzusetzen. Dabei müssen
salzfreie Streumittel aus Sand oder Kalkstein Priorität haben.
Grundsätzlich setzen sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen für eine deutlich
bessere Personalausstattung der Umweltverwaltung auf allen Ebenen ein. Dies ist
entscheidend um die Erfüllung von Auflagen, wie Ausgleichs- und
Ersatzpflanzungen, ordnungsgemäße Kronenschnitte oder andere Pflegemaßnahmen
kontrollieren und gegebenenfalls auch Verstöße ahnden zu können. Dazu muss den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Umweltverwaltung für qualifizierte und
beständige Weiterbildung ausreichend Zeit und Kapazitäten zur Verfügung stehen.
Wichtige kulturlandschaftsprägende Biotope der Offenlandschaft wie
Streuobstwiesen oder Kopfweidenbäume benötigen unseren speziellen Schutz und
erhaltende Pflegemaßnahmen. Dazu gehört das gelegentliche Auf-Stock-Setzen von
Steinrücken und Feldhecken ebenso wie der gelegentliche Kopfweidenschnitt oder
Erhaltungsschnitte an Streuobstbeständen.
Die Nutzungsaufgabe dieser pflegebedürftigen Gehölze (z. B. Streuobst,
Kopfweiden) wird zunehmend zum Problem in Sachsen. Unter anderem sorgt mangelnde
Pflege dafür, dass beispielsweise Streuobst-Neupflanzungen nur noch selten zu
Obstbäumen heranwachsen und die eigentlich beabsichtigten Funktionen für die
biologische Vielfalt erfüllen können. Hier sehen wir die Staatsregierung in der
Pflicht, niedrigschwellige und unbürokratische Förderung anzubieten.
Wälder sind langlebige Ökosysteme, in denen die Sünden der Vergangenheit noch
lange nachwirken. So limitieren nach wie vor Nadelholzmonokulturen die
biologische Vielfalt, die standortsgemäß in naturnahen Wäldern zu erwarten wäre.
Auch die jahrzehntelange Belastung mit Luftschadstoffen hat deutliche Spuren im
sächsischen Wald hinterlassen. Laut aktuellem Waldzustandsbericht 2016 ist
deutlich weniger als die Hälfte der sächsischen Waldbäume als gesund
einzustufen. Mit 47 Prozent 'deutlichen Schäden' (Schadstufen 2 - 4) geht es
ausgerechnet der dringend benötigten Laubbaumart Buche in Sachsen deutlich
schlechter. Auf der Hälfte der rund 200.000 Hektar des Staatswaldes wachsen
Fichten außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes. Immer noch überwiegen
artenarme und altersgleiche Bestände an Monokulturen von Nadelbäumen. Diese
kommen mit dem Klimawandel denkbar schlecht zurecht. Diese immer noch
dominierenden Monokulturen sind besonders anfällig gegen Trockenheit und
Schädlingsbefall. Vom Ideal naturnaher struktur- und artenreicher Wälder sind
wir noch sehr weit entfernt. Die Fichtenbestände im Flachland müssen durch
größere Anteile von Laubbäumen ersetzt werden. Wenn wir das Ziel eines
naturnahen, standortgerechten Laub- und Mischwaldes in Sachsen erreichen wollen,
dann muss beim Waldumbau entschlossener gehandelt werden.
Nach rund 20 Jahren mehr oder weniger naturnaher Waldbewirtschaftung, die
durchaus anerkennenswerte Ergebnisse gebracht hat, zeigt sich nun immer mehr,
dass die sächsische Forstwirtschaft jetzt wieder stark auf Rationalisierung und
maximalen Holzprofit setzt – mit immer größeren Maschinen, mit immer größeren
Revieren, und offenbar auch wieder mit mehr Kahlschlägen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Sachsen stehen für eine nachhaltige Forstwirtschaft.
Für uns ist der Wald keine Holzplantage, sondern Lebensraum für Pflanzen und
Tiere und Erholungsraum für Menschen. Wir GRÜNE stehen dafür, unseren
nachfolgenden Generationen artenreiche und wertvolle Waldlandschaften erlebbar
zu machen. Besonders im Begriff der Nachhaltigkeit sehen wir uns dem Freiberger
Carl von Carlowitz verpflichtet, Raubbau zu verhindern. Der Waldumbau zu
struktur- und artenreichen Mischwäldern ist dabei verstärkt weiterzuführen.
Gerade angesichts der Unwägbarkeiten des Klimawandels muss die gesamte
standörtlich mögliche Palette heimischer Baumarten genutzt werden. Dies ist
waldbaulich anspruchsvoll und erfordert deutlich mehr qualifiziertes
Forstpersonal, als nach den Einsparungswellen der letzten Jahre noch zur
Verfügung steht. Wir setzen uns – nach dem Vorbild der Stadt Chemnitz - dafür
ein, dass der Staatsbetrieb Sachsenforst bis zum Jahr 2020 nach den
internationalen Kriterien für verantwortungsvolle Waldwirtschaft des Forest
Stewardship Council (FSC) wirtschaftet. FSC ist eine internationale
gemeinnützige Organisation, die das erste System zur Zertifizierung nachhaltiger
Forstwirtschaft schuf, betreibt und weiterentwickelt. Leitbild der angestrebten
Wirtschaftswälder beim FSC-Siegel sind naturnahe Waldökosysteme, die sich
bezüglich Baumartenzusammensetzung, Vorrat, Dynamik und Struktur den natürlichen
Waldgesellschaften annähern. Der Sachsenforst verwendet aktuell das deutlich
schwächere unverbindlichere Alibi-Siegel PEFC, entstanden aus einer Initiative
der europäischen Forstindustrie. Voraussetzung für die Umstellung der
Forstwirtschaft des Sachsenforstes auf FSC-Kriterien ist eine wesentlich bessere
personelle Ausstattung der Unteren Forst- und Naturschutzbehörden. Die Behörden
und Unternehmen des Freistaates haben als Großverbraucher von Holzprodukten
darüber hinaus eine hohe Verantwortung am Markt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in
Sachsen setzen sich dafür ein, dass in einem neuen Vergabegesetz und die
Änderung der sächsischen Vergabeordnung ökologische Kriterien verankert werden.
Damit würde es gelingen, dass sächsische Behörden entweder Recyclingerzeugnisse
einkaufen müssten oder, wenn dies nicht möglich ist, nur Holz oder Holzprodukte,
die per FSC-Verfahren zertifiziert sind.
Der Wald hat eine herausragende Bedeutung für den Klimaschutz. Er leistet als
Lieferant des nachwachsenden Rohstoffes Holz einen Beitrag zur Energiewende.
Zudem bindet er Kohlendioxid und ist damit eine natürliche
Kohlenstoffsenke.Bäume brauchen zum Wachstum das Treibhausgas Kohlendioxid (CO2)
und binden es dadurch im Holz. Wälder sind somit eine Kohlenstoff-Senke, wenn
der Zuwachs die Nutzung übersteigt. Und sie sind ein Kohlenstoffspeicher. Sie
können global dazu beitragen, den CO2-Gehalt der Atmosphäre zu vermindern. Der
Holzvorrat liegt in Sachsens Wäldern (311 m³/ha) noch immer unter dem
Bundesdurchschnitt von 336 m³pro Hektar. Den in den letzten Jahren deutlich
gesteigerten Holzeinschlag im Staatswald sehen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisch.
Statt eine Steigerung des Holzeinschlags im Landeswald von derzeit ca. 1 Mio.
m³/Jahr auf 1,4 Mio. m³ jährlich anzustreben, setzen wir uns für eine deutliche
Vorratsanreicherung ein. Dies ist sowohl aus Biodiversitätsgründen als auch zur
CO2-Speicherung wichtig.
Sachsen braucht dringend ein Netz von Prozessschutzflächen, über die wenigen
großen nutzungsfreien Schutzgebiete und die gerade mal 8 kleinen Naturwaldzellen
(Gesamtfläche der Naturwaldzellen nur 303 ha) hinaus. Für die Umsetzung eines
solchen Totalreservatsnetzes sind vorrangig Waldflächen im Landesbesitz
heranzuziehen. Wo fachlich geboten, müssen aber auch Anstrengungen zum
Flächentausch mit Privat- und Körperschaftswald unternommen werden – oder aber
zum Ankauf solcher Waldbereiche. Neben naturgemäß bewirtschafteten Forsten
setzen sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dafür ein, dass auch der Anteil der
Waldflächen, in denen natürliche Prozesse ungestört ablaufen können, bis 2020 im
Staatswald auf 10 Prozent erhöht werden. Damit würde Sachsen endlich eine
Forderung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt umsetzen. Wir
wollen damit ein Netz von naturnahen nutzungsfreien Wäldern und Waldreservaten
mit Altholzbeständen entwickeln. Unser Ziel ist es dabei, dass innerhalb der
angestrebten zehn Prozent der Landeswaldfläche in Sachsen (ca. 20.535 Hektar)
auch großräumige, unzerschnittene Waldgebiete in der Größe von mehreren hundert
bis tausend Hektar dauerhaft aus der forstlichen Nutzung genommen werden. Nur in
solchen Gebieten können sich Wälder mit einer echten Naturwalddynamik als
„Urwälder von morgen“ entwickeln. Neben der Ausweisung solcher großer
Prozessschutzflächen wollen wir auch ein Netzwerk vieler kleiner,
unbewirtschafteter Waldflächen realisieren, die vielfältige
Artenschutzfunktionen erfüllen. Im Hinblick darauf, dass Prozessschutz u. a.
auch die Ausbreitungs-, Rückzugs- und Reproduktionsräume seltener,
naturschutzfachlich wertvoller oder gefährdeter Arten erhalten und schützen
will, sind auch kleine, dauerhaft nutzungsfreie Flächen als Elemente der
Biotopvernetzung (Trittsteinfunktion) überaus bedeutsam. Das Netz größerer
Prozessschutzgebiete wollen wir deshalb durch kleinere nutzungsfreie Waldgebiete
und Waldinseln ergänzen.
In den sächsischen Wäldern sind stark dimensionierte Bäume (potentielle oder
tatsächliche Höhlenbäume) und Totholz vielerorts ausgesprochene Mangelware. Nach
der letzten Bundeswaldinventur (2012) war Sachsen mit 5,9 m³/ ha eines der
totholzärmsten Bundesländer. Bundesdeutscher Durchschnitt sind 20,6 m³ Totholz
pro Hektar.
Totholz gehört zum natürlichen Kreislauf im Wald. Es entsteht, wenn Bäume
absterben und sich ihr Holz zersetzt. Viele, insbesondere seltene Arten sind auf
diesen Lebensraum spezialisiert. Pilze, Flechten, Insekten und Vögel leben vom
oder am Totholz und finden hier Nahrung, Unterschlupf und Brutgelegenheit.
Totholz ist somit ein wichtiger Faktor für die biologische Vielfalt.
Abgestorbene, aber noch stehende Bäume haben einen besonders großen Habitatwert
für zahlreiche Pilze, Insekten und auch Vögel, Fledermäuse sowie weitere
Wirbeltiere. BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in Sachsen wollen, dass ihr Erhalt als »gute
forstliche Praxis« im Waldgesetz festgeschrieben wird. Ausgenommen sind
forstsanitäre Maßnahmen, insbesondere zur Borkenkäferbekämpfung. BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN setzen sich für die Erhaltung des stehenden Totholzes über 30 cm
Durchmesser ein. Alle diese stehenden Totholzbäume sollen im Sachsenforst, wie
andere Biotopbäume auch, im Wald markiert und per GPS genau eingemessen werden.
Im Rahmen der Waldbiotopkartierung bzw. im Vorfeld der Forsteinrichtungsplanung
sind alle Exemplare zu kontrollieren und ihr Erhaltungszustand bzw. ihre
Habitatbedeutung einzuschätzen.